Badegäste auf vier Pfoten

Wir sind erst ab Mittwoch im Toggenburg unterwegs. Unser vierbeiniger Kollege ist aber bereits gestern in die Region eingetaucht – beim Hundeschwimmen zum Saisonschluss in der Badi Ebnat-Kappel.

Hunde stehen Schlange. Vor mir ein hyperventilierender Border Collie, hinter mir zwei lautstarke Appenzeller. Das hat es bei der Badi Ebnat-Kappel noch nie gegeben. Zum ersten Mal dürfen wir Fellnasen unsere Zweibeiner am letzten Tag der Saison ins Freibad begleiten. Wenigstens für die letzten paar Stunden – um 15 Uhr öffnet das Bad für uns. Dass wir ein bisschen Dreck und Haare im Wasser hinterlassen werden, ist egal – morgen wird der Pool sowieso entleert und gereinigt. Und anders als ihr Menschen pinkeln wir Hunde wenigstens nicht beim Schwimmen. Jetzt ist es auch schon soweit, die Hundeschlange setzt sich in Bewegung. Zeit, mich noch kurz vorzustellen: Meine Name ist Sisco. Ich bin ein spanischer Podenco – ein Mäusefänger, keine Wasserratte. Aber wenn mein Ball baden geht, geh auch ich baden.

Hunde vergnügen sich - und andere

Die Idee zum Hundeschwimmen hat sich Betriebsleiter Ruedi Artho bei einer anderen Badi abgeschaut. Mit einem wichtigen Unterschied: «Dort war das Hundeschwimmen erst am Montag, also nach dem letzen offiziellen Badi-Tag. Das fand ich nicht so gut, weil dann ja die meisten arbeiten müssen und nichts von der Aktion haben», erzählt er meinem Frauchen. Deshalb hat sich Ruedi für Sonntag entschieden. «Am letzen Badi-Tag ist erfahrungsgemäss nicht mehr viel los, weil es meistens schon recht kühl ist. Wir warten normalerweise nur darauf, dass wir schliessen und mit dem Putzen anfangen können. Warum also die Hündeler nicht schon am Sonntag einladen?»

An diesem letzten Badi-Tag herrscht jedoch alles andere als Hundewetter. 31 Grad zeigt das Thermometer am Beckenrand, die Sommersonne stellt den Frühherbst in den Schatten. Kein Wunder, ist die Badi so voll mit hundelosen Zweibeinern wie in der Hochsaison. Und sie bleibt es auch, als kurz nach 15 Uhr das erste Dutzend von uns Fellnasen den Pool erobert. «Meine Durchsage, dass das Bad jetzt für Hunde geöffnet ist, hat die anderen Gäste offenbar nicht verschreckt», höre ich Ruedi sagen. «Viele sind geblieben und schauen den Vierbeinern vergnügt zu – wie im Zoo.»

Ich fühle mich tatsächlich etwas beobachtet – und vor allem unter Druck. Der Labrador-Lady da drüben, die in Dauerschleife und mit Vollgas in den Pool hechtet, kann ich nicht das Wasser reichen. Aber mein Ball ist weit draussen in diesem gfürchigen blauen Bassin, das so ganz anders aussieht als der Fluss, in dem ich sonst plantschen gehe. Ich muss da jetzt also irgendwie rein und meinen Ball retten, auch wenn ich dabei keine so gute Figur mache. Herrchen ist schon drin und feuert mich an. Los geht’s. Ich probier’s mal wie eine Ente und lasse mich ins Wasser gleiten. So geschmeidig, wie ich mir das vorgestellt habe, war das jetzt allerdings nicht. Hat ganz schön gespritzt. Ansonsten aber gar nicht so schlimm, angenehm warm. Hier schwimmen also meine Menschen, wenn ich alleine zuhause bleiben muss. Und von diesem Turm lassen sie sich runterfallen? Und was ist das eigentlich für eine komische grosse, gewundene Metallschlange, die gerade den Riesenpudel mit seinem Herrchen verschluckt hat? Stop, jetzt nicht ablenken lassen. Fokus. Nur noch zwei Meter bis zu meinem Ball.

Vier von vier Pfoten

Geschafft. Jetzt noch am Zwergspitz auf dem Bodyboard vorbeischwimmen und schnell raus aufs Tüechli auf meinem geliebten Balli rumkauen, das so herrlich quietscht. Möglichst laut, dass es alle hören und es meinem Frauchen so richtig peinlich ist. Meine Revanche. Blöd nur, dass es niemand mitkriegt bei dem lauten Gebell überall. Dann geh ich halt zurück an den Pool zu meinen Menschen, die sich gerade mit Ruedi unterhalten.

«Ich hätte nicht gedacht, dass es so ein Erfolg wird», erzählt der. «Es sind bestimmt an die 50 Hunde hier. Und manche sogar von auswärts. Nächstes Jahr gibt es auf jeden Fall wieder ein Hundeschwimmen.» Bis dann werde ich mindestens eine so gute Figur machen wie Madame Labrador und Kollege Border Collie. Mich hat unterdessen nämlich der Ehrgeiz gepackt: Ich zögere nicht mehr und springe mit jedem Mal schwungvoller in den Pool dem Ball hinterher. Kann im Hundeschwumm locker mit meinem brustschwimmenden Herrchen mithalten. Pudelwohl fühle ich mich zwar noch nicht im Wasser, aber so langsam finde ich Gefallen an der Sache. Meine Wertung fürs Hundeschwimmen in Ebnat-Kappel: Vier von vier Pfoten – aber nur, weil ich nicht auf die Rutschbahn musste.

Text und Bilder: Isabel Plana

Erschienen im September 2023
Dorf im Toggenburg mit Berglandschaft im Hintergrund.