Heimlicher Hotspot erfolgreicher Schweizer Firmen

Viele kennen Kägi fret, die knusprige Waffel mit Schokobezug. Dass daneben weitere grosse Schweizer Traditionsmarken immer noch im Toggenburg, genauer in Ebnat-Kappel, produzieren – das ist kaum bekannt.

«Glück lässt sich ganz einfach geniessen!». Davon jedenfalls ist die Firma Kägi überzeugt. Mit dem Leitspruch preist sie ihr Traditionsprodukt an, das Kägi fret. Seit 1934 gibt es Kägi, seit 1942 die berühmten Waffeln. Und sie gehören immer noch zu den beliebtesten Snacks von Schweizerinnen und Schweizern. Hergestellt werden die Produkte ausschliesslich in Lichtensteig, am Eingang zum Toggenburg.

Ebnat-Kappels wenig bekannte Industrie

Nicht weit davon entfernt hat ein bekannter Hersteller von Herrenhemden seinen Firmensitz: Kauf. 1904 gegründet, beschäftigt die Firma in der Gemeinde Ebnat-Kappel rund 20 Mitarbeitende. Im selben Ort startete 1914 ein weiteres Unternehmen, das ebenfalls Bestand haben wird: Die Ebnat AG stellt Bürsten in allen Variationen her. 1934 etablierte sich eine dritte Toggenburger Traditionsfirma in derselben Gemeinde. Die PEKA produziert hochwertige Pinsel für Maler und Gipser. Und einen Kilometer davon entfernt befindet sich gleich noch eine Schweizer Traditionsfirma: die Morga AG. Sie ist weniger auf ein Produkt spezialisiert als auf eine bestimmte Herstellungsweise für Lebensmittel. Unter ihren bekanntesten Produkten sind Müesli, Teebeutel oder auch Soja-Teigwaren. Sie sollen im Grundsatz möglichst naturbelassen sein und vegetarisch. So wie es der Gründer 1936 schon angedacht hatte, als er nach nach längerem Indien-Aufenthalt heimgekehrt war.

Freie Flächen, Energie und Bahnanschluss

Das älteste Unternehmen im Bunde aber ist eines, das wohl alle Schulkinder kennen – wenn auch nicht mit Namen. 1891 gegründet, produziert Alder+Eisenhut seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Ebnat-Kappel Sportgeräte und Sportstätten für die ganze Schweiz. Also Turnmatten, Ringe, Barren und vieles mehr. 140 Menschen finden hier Arbeit.

«Anfang 1900 waren hier in Ebnat-Kappel freie Flächen günstig verfügbar», sagt Sandro Wehrli, Marketingleiter von Alder+Eisenhut, «aber noch viel wichtiger: Die Firma konnte ein Gelände mit eigenem Wasserkraftwerk samt Wehr übernehmen. Damit produzierte sie bis Ende 1960 eigenen Strom.» Eine nicht unwesentliche Rolle für die Standortwahl war zudem der Bahnanschluss: Seit 1870 fuhr die Bahn bis Ebnat-Kappel, ab 1912 dann weiter bis Nesslau.

Die Kauf AG hingegen zog aus anderen Gründen nach Ebnat-Kappel: «Gegründet 1904 wurde die Firma in Wangen bei Olten. Doch da fand man zu wenig Mitarbeiter. Also schaute man, wo in der Schweiz es ein anderes, strukturschwaches Gebiet mit Absatzmarkt in der Nähe gäbe», sagt Michael Kauf, Co-Geschäftsleiter und Mitinhaber der Kauf AG, «Wattwil hatte lang einen Platzhirsch, der liess kein anderes, grösseres Unternehmen neben sich zu. Ebenso verhinderte in Nesslau eine grosse Weberei, dass sich andere Betriebe niederliessen. So fiel die Wahl auf Ebnat-Kappel.»

Günstige freie Flächen nur ein Faktor

«Dass sich grössere Industrieunternehmen bei uns ansiedelten, hat wohl auch mit der Topografie zu tun», sagt Adrian Rüegg, Gemeindeschreiber von Ebnat Kappel, «hier hatte es lange noch grössere, freie und ebene Flächen. Ab Nesslau wird es steil». Von freien Flächen profitierte nicht nur Alder+Eisenhut bei der jüngsten Fabrikerweiterung. 2012 zog sogar noch ein weiteres Unternehmen hierhin: Innovative Sensor Technology AG, kurz IST, ist einer der weltweit führenden Hersteller von physikalischen, chemischen und biologischen Sensoren. 1991 gegründet, hat IST seit 2012 seinen Hauptsitz in Ebnat-Kappel. IST beschäftigt inzwischen weltweit rund 500 Mitarbeitende, 200 allein in Ebnat-Kappel. Es ist damit das grösste der fünf Unternehmen.

«Über die detaillierten Gründe für die Standortwahl kann ich nur Vermutungen anstellen. Aber was Ebnat-Kappel als Gemeinde auszeichnet, ist, dass sie sich selbst immer schon als sehr wirtschaftsfreundlich wahrgenommen hat», sagt Adrian Rüegg. «Was uns aktuell aber etwas Sorgen macht, ist das neue Raumplanungsgesetzt. Seit etwa 2017 dürfen wir als Gemeinde nicht mehr allein planen, sondern es wird das Potenzial der Nachbargemeinden mitberücksichtigt. Und weil es da noch freie Flächen hat, dürfen wir nicht mehr umzonen.»

Für Familien leistet man mehr

Freie Flächen sind wohl einer der wichtigsten Faktoren für Unternehmen, die lokal produzieren wollen. Doch sind sie einmal da, spielt anderes eine wichtigere Rolle. «Wir haben eine Verantwortung für Region», sagt Sandro Wehrli, Marketingleiter von Alder+Eisenhut. «Uns ist es wichtig, dass wir Leute aus der Region beschäftigen können. Auch wenn es manchmal eine Herausforderung ist, genügend gute Leute zu finden.» Ähnlich klingt es bei Ruedi Lieberherr, Verwaltungsratspräsident der Morga. Er sagte jüngst gegenüber leaderdigital.ch: «Das Toggenburg ist und bleibt in vielerlei Hinsicht – auch politisch – eher eine Randregion, obwohl in Ebnat-Kappel auch renommierte, internationale Industrie ansässig ist und es im Verhältnis zur Einwohnerzahl viele Arbeitsplätze bietet. Sicher gestaltet sich die Suche nach Führungskräften nicht ganz einfach. Ein Vorteil ist jedoch, dass unsere Angestellten oft langjährig bei uns tätig und in der Region verankert sind. Dadurch haben sie auch ein grosses Interesse am Unternehmen, es ist wie eine zweite Familie.»