Eckiger Käse macht das Sandwich rund

Das Käsen auf der Alp hat eine jahrhundertealte Tradition. Auf Curtginatsch wurde sie kurzerhand angepasst – damit der Käse besser ins Sandwich passt.

Heute zeigt sich das Wetter auf der Alp Curtginatsch für einmal von der garstigen Seite. Nieselregen und dunkle Wolken sind jedoch schon fast eine willkommene Abwechslung zum ständigen Sonnenschein – und den Alpweiden tut der Regen sowieso gut. Aus dem Grau der Nebelschwaden, die an den Berghängen kleben, tauchen zwei Scheinwerfer auf. Der Jeep von Bäuerin Regina Camenisch. Sie ist heute von Mathon auf die Alp hochgefahren, um Käse abzuholen. Vom quadratischen, nicht vom runden.

Die runden Käse werden seit Jahrhunderten für die Bäuerinnen und Bauern produziert, deren Kühe hier oben gesömmert werden. Für die Vermarktung ist aber jede und jeder selbst verantwortlich. Bei den einen klappt das super, bei den anderen wurde der Aufwand dafür immer grösser. Zu gross für viele. Also taten sie sich zusammen und gründeten den Verein Agrarproduzenten Schamserberg. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einem festen Abnehmer für ihren Käse. Unterstützung bekamen sie dabei vom Naturpark Beverin.

Die dortige Projektleiterin Stephanie Joos kam schliesslich in Kontakt mit Roni Merz von der Bäckerei Merz in Chur. Bei ihm rannte sie offene Türen ein, denn der junge Geschäftsführer des traditionellen Familienbetriebs war nicht nur daran, den Betrieb zu modernisieren, sondern auch vermehrt auf lokale Lieferanten zu setzen. Da passte feiner Alpkäse für ein Sandwich perfekt ins Konzept. Er war bereit, den Curtginatscher Alpkäse langfristig zu einem guten Preis abzunehmen, stellte jedoch auch Bedingungen: Der Käse muss bereits geschnitten angeliefert werden, und zwar in immer gleichen Scheiben. Bei rundem Käse nicht ganz einfach. Also investierten die Agrarproduzenten Schamserberg mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe in viereckige Käseformen und eine professionelle Schneidmaschine – und krempelten mit den quadratischen Käselaiben kurzerhand die jahrhundertealte Tradition der Alp um.

Der Kofferraum von Reginas Jeep ist inzwischen vollgeladen, nach einem kurzen Schwatz mit Käserin Janine geht es wieder talwärts. Ziel ist das Restaurant Muntsulej in Mathon, respektive dessen Keller. Weil das Restaurant durch eine Genossenschaft ebenfalls im Mitbesitz der Bauern ist, konnten sich die Agrarproduzenten dort einen Verarbeitungsraum einrichten und dürfen den Kühlraum des Restaurants mitbenutzen. Dort drin verschwinden nun die viereckigen Käse vorerst. Dann macht Regina Schneidmaschine und Vakuumiergerät bereit und schnappt sich den ersten Käse. Mithilfe eines Sparschälers kommt zuerst die Rinde weg. Dann zerteilt Regina den Laib mit einem grossen Käsemesser in drei Blöcke. Diese legt sie in die Schneidmaschine, welche daraus schöne, regelmässige Käsescheiben macht. Sauber aufgestapelt kommen diese ins Vakuumiergerät – und dann gleich zurück in den Kühlraum.

Schälen und Schneiden gehört fast wöchentlich zu Reginas Aufgaben. Immer zwischendurch, wenn es der Bauernhof und die Familie zulässt. «Ich kann mir die Arbeit selbst einteilen, muss nicht weit vom Hof weg – also ein idealer Nebenverdienst», sagt sie.

Mehr über die Alp Curtginatsch

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Ein Alpsommer auf Curtginatsch

Beliebte Alpkäsebrötchen

Die abgepackten Käsescheiben bleiben eine Nacht im Kühlraum, bevor ihre Reise weitergeht. Draussen ist es noch dunkel, als Stephanie die Plastikkisten die Treppe hochträgt und in das draussen parkierte Kühlfahrzeug lädt. Es ist ein ganz besonderes Fahrzeug, mit Zeichnungen von lokalen Produkten verziert, ebenfalls im Besitz eines Vereins lokaler Produzenten – und rein elektrisch betrieben. Auch dessen Anschaffung wurde vom Naturpark Beverin aufgegleist und von der Berghilfe unterstützt. Mit dem Elektroauto fährt Stephanie nach Chur zur Bäckerei Merz. Dort läuft bereits die Produktion. Dutzende aufgeschnittene Nussbrötchen liegen bereit. Ein Mitarbeiter bestreicht sie mit Feigensenf, ein anderer legt die Käsescheiben obendrauf – fertig.

«Die Alpkäsebrötchen sind sehr beliebt bei unserer Kundschaft», freut sich Roni Merz, Vorsitzender der Geschäftsleitung. Im Jahr 2021 wurden in den neun Filialen rund 9000 Stück davon verkauft, und bislang sieht es so aus, als ob dieses Jahr noch mehr drinliegt.

Text und Video: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im Juni 2023

Die Unterstützung

Die Alp Curtginatsch hat mehrmals Unterstützung von der Schweizer Berghilfe erhalten. Etwa 1991 beim Umbau der Sennhütte und der neuen Wasserfassung. Dann wieder im Jahr 2003, als der Vorplatz des Melkstands bei der Hütte saniert werden musste, und 2016 bei der Anschaffung des neuen, mobilen Melkstands. Zuletzt erhielt vor zwei Jahren der Verein Agrarproduzenten Schamserberg finanzielle Hilfe bei der Anschaffung von eckigen Käseformen sowie Maschinen zum Schneiden und Portionieren des Käses, der an die Bäckerei Merz in Chur geliefert wird.