Sie geben ein eher trostloses Bild ab, die ehemaligen Militärbaracken in Gluringen. Einige Eternitschindeln sind zerschlagen, von den Fensterrahmen blättert die Farbe, unter den Vordächern hat ein Bauer Strohballen und landwirtschaftliches Gerät zwischengelagert. Man merkt, dass hier seit Jahren nichts mehr läuft. Das soll sich ändern. Und wenn es nach Christoph Ott geht, schon bald. Der Architekt und Ausstellungsmacher trägt das Projekt mit dem Namen «futurumgoms» schon seit längerer Zeit mit sich herum. «Es ist schon fast zu meinem Lebensprojekt geworden», sagt er.
Die Ursprungsidee entstand bereits 2010 aus einer Diskussion im Verwaltungsrat der BVZ Holding AG, zu der auch die Matterhorn Gotthard Bahn (MBG) gehört. Es ging darum, wie die MGB sich im Bereich der Produktion von erneuerbarer Energie entwickeln könnte. Unter anderem kam die Idee auf, die grossen Gleisanlagen der MGB in Depot Glisergrund bei Brig mit Solarzellen zu überdecken und aus dem erzeugten Strom Wasserstoff herzustellen, der dann mit der MGB verteilt werden könnte. So weit, so gut, aber Ott merkte bald, dass es mit der Herstellung und dem Transport von Wasserstoff nicht getan ist. «Es braucht Infrastruktur, es braucht Absatzkanäle und es braucht vor allem eine gut informierte und an Umweltthemen interessierte Öffentlichkeit.»
Also wuchs das Projekt. Und wuchs. Und wuchs. Ott und sein zwölfköpfiges Kernteam stürzten sich in die Planung, entsann immer neue Teilprojekte, die alle ineinandergreifen und zum gleichen Ziel führen sollen: aufzuzeigen, dass eine CO2-freie Energieversorgung zum Wohnen, zum Arbeiten und für die Mobilität am Boden und in der Luft möglich ist. Die Herstellung das Bereitstellen von erneuerbarer Energie ist dabei nur einer von vielen Punkten. Dereinst soll man im auf den Fundamenten der Militärbaracken entstandenen Themenpark Energie beispielsweise spielerisch erfahren können, was es braucht, erneuerbaren Strom zu gewinnen und im ganzen Land zu verteilen. Im Demopark für erneuerbare Energien auf dem Flugplatz in Münster kann man die genaue Funktionsweisen verschiedenster CO2-neutraler Heizzysteme vergleichen und gleich nebenan im Umweltpark für die Mobilität ein Wasserstoffauto probefahren oder einen kurzen Flug mit einer Passagierdrohne machen. Ein eindrückliches Erlebnis verspricht auch das interaktive «Haus der Klimaveränderung».
Über 50'000 zusätzliche Besucher sollen all diese Angebote zusätzlich ins Goms bringen. Nur schon darum hoffen Touristikerinnen und Politiker aus den Kantonen Uri und Wallis, dass aus der Vision mehr wird. Für Ott ist ganz klar, dass es zumindest grosse Teile seiner Ideen in die Realität schaffen werden. «Darauf habe ich all die Jahre hingearbeitet.» Aber auch ganz neutral und nicht durch die rosarote Brille des Erfinders betrachtet, ist «futurumgoms» inzwischen deutlich mehr als ein Hirngespinst. Denn nach und nach sind zusätzliche Partner mit an Bord gekommen. Heute sind verschiedenste Hochschulen und Forschungszentren dabei, Bundespräsident Guy Parmelin gehört zu den Fürsprechern des Projekts, und die erste Baubewilligung für den Themenpark Ernen in Gluringen steht kurz vor der Erteilung.
Heute steht eigentlich nur noch die Finanzierung zwischen Vision und Wirklichkeit. Einige bedeutende Sponsoren konnte Ott bereits verpflichten. Auch die Schweizer Berghilfe sieht in dem Projekt grosse Chancen fürs Goms. Deshalb hat sie sich verpflichtet, einen namhaften Beitrag an das Besucherzentrum in Gluringen zu leisten, falls «futurumgoms» tatsächlich in der Gegenwart ankommt.
futurumgoms.ch
Text und Bild: Max Hugelshofer
Illustration: futurumgoms
Erschienen im
September 2021