Endlich kommt wieder Leben ins Haus
Während die ersten Gäste schon einchecken, räumen im Haus «Langletscher» noch die letzten Handwerker ihre Werkzeuge weg. Am Eröffnungstag geht es um Minuten.
Während die ersten Gäste schon einchecken, räumen im Haus «Langletscher» noch die letzten Handwerker ihre Werkzeuge weg. Am Eröffnungstag geht es um Minuten.
«Fast fertig», vermeldet Hoteldirektorin Tatjana Jaggy. Aber noch sind die letzten Handwerker nicht aus dem Haus. Es ist Freitagmittag und das Pfingstwochenende steht bevor. In wenigen Stunden werden die ersten Gäste eintreffen.
Draussen scheint nach vielen Regentagen wieder mal die Sonne, und zumindest vorläufig gewinnt der Frühling die Oberhand über den Winter, auch wenn überall noch weiss-braune Schneeflecken liegen und auf Wiesen und an Bäumen erst ganz zartes Grün auszumachen ist. Um diese Jahreszeit merkt man besonders deutlich, dass die Fafleralp auf 1800 Meter über Meer liegt. Immer etwa um dieses Datum beginnt im Hotel «Fafleralp» die Sommersaison, die bis Ende Oktober dauert. Dann wird das Hotel vorübergehend eingewintert und erst Mitte Januar wieder für zwei Monate geöffnet.
Jetzt knirscht es draussen auf dem Kies. Der Shuttlebus fährt vor. Weil das Postauto erst später im Jahr bis ganz auf die Fafleralp hochfährt, holt das Hotel seine Gäste bei Bedarf in Blatten unten ab. Es sind keine gewöhnlichen Gäste, die heute erwartet werden. Jeweils am Tag der Saisoneröffnung findet die Generalversammlung der Aktionärinnen und Aktionäre statt, mit anschliessendem Nachtessen und Übernachtung. Die Besitzerin des Hotels ist zwar rechtlich eine AG, aber hier hat niemand Geld investiert, um damit reich zu werden. Der Verwaltungsrat arbeitet unentgeltlich, als Dividende gibt es einen jährlichen Konsumationsgutschein. «Ich bin Aktionärin, weil ich diesen Ort liebe und ihn erhalten will», sagt zum Beispiel Tina Inglin. Fast alle Aktionäre sind langjährige Stammgäste.
Heute interessieren sich natürlich alle besonders für das Haus «Langgletscher». «Darf ich mal bei euch ins Zimmer schauen?», fragt eine Aktionärin, die im Haupthaus untergebracht ist, ein Paar, das im «Langgletscher» logiert. Während die Aktionäre im Saal ihre Generalversammlung abhalten, herrscht in der Küche Hochbetrieb. Das Dreier-Team produziert Apéro-Häppchen, während in den grossen Kombi-Steamern Gratins, Braten und Gemüse garen. Man könnte meinen, die drei arbeiteten schon seit Jahren zusammen und nicht erst seit ein paar Tagen.
Die Kreationen aus der Küche finden Anklang. Vor dem Haupthaus unter den Lärchen hat das Service-Team ein Buffet aufgebaut, man prostet sich mit Walliser Weisswein, Mineralwasser oder Aprikosensaft zu. Das Hauptthema der Gespräche ist einmal mehr der gelungene Umbau des «Langgletschers». Die von der Handweberei im Tal produzierten, farbigen Vorhänge wie auch die kleinen, versteckten Skulpturen und Kunstinstallationen werden gelobt. Für die ist Adrian Scheidegger verantwortlich, der dem Architekten Christian Heller als künstlerischer Berater zur Seite stand. Die beiden sind auch hier, allerdings halten sie gerade eben kein Weinglas in den Händen, sondern Farbtuben und Siebdruckrahmen. Weil nachträglich eine Wand in einer anderen Farbe gemalt wurde, konnte der professionelle Siebdrucker die dortigen Zimmernummern nicht mehr anbringen und die Aufgabe bleibt an Adrian und Christian hängen. «Das hat man halt davon, wenn man so kurz vor Schluss noch Änderungen möchte», sagt Adrian mit einem Lachen. In einem Weinglas mischt er Rot, Weiss und Schwarz, bis ihm das Ergebnis passt. Er drückt etwas Farbe in den Rahmen, der darauf von Christian an die Wand gehalten wird. Ein schneller Strich mit dem Spachtel, eine Gedenksekunde, er nimmt den Rahmen weg. Tatsächlich, die Nummer 87 an der Wand ist perfekt herausgekommen. «Nicht schlecht für blutige Anfänger, oder?», fragt Adrian.
Etwas später sitzen die beiden mit den Aktionären im Speisesaal im Haupthaus und geniessen den Dreigänger. Vom Gerenne in der Küche, den kleinen Missverständnissen beim noch nicht perfekt eingespielten Servicepersonal und den Bergen von Geschirr, die laufend abgewaschen werden müssen, bekommen sie alle nichts mit. «Die Gäste sind zufrieden, dann bin ich es auch», sagt Tatjana. Sie ist immer mittendrin, wechselt hier ein paar Worte, lacht dort mit jemandem und packt beim Service mit an. Fürs Team sei es am besten, direkt mit einem vollen Haus zu starten. «Die Anspannung hat sich über die letzten Tage langsam aufgebaut, und jetzt sind alle zu 100 Prozent dabei.»