Saisonabschluss im Flachland

Eine Goldmedaille bei der Bünder Alpkäseprämierung wäre die Krönung der Alpsaison. Doch es soll nicht sein.

Sie sind im Touristen-Modus: Janine, Lorenz, Aron und Julia haben im Hotel der landwirtschaftlichen Schule Plantahof in Landquart eingecheckt. Die Alphütte auf Curtginatsch ist eingewintert, und morgen geht es direkt mit dem Auto zurück nach Deutschland.

Nun spazieren sie gemeinsam mit Marc gemütlich in Richtung Mehrzweckhalle. Nur der eingepackte Käselaib, den sich Janine unter den Arm geklemmt hat, verrät den offiziellen Charakter des Ausflugs. Jeden Herbst findet am Plantahof die Alpkäseprämierung des Kanton Graubündens statt. Es ist Ehrensache, hier mitzumachen. Deshalb hat sich auch schon eine Schlange gebildet vor dem Tisch, an dem die Käse abgegeben werden. Janine darf ihren Laib selbst in zwei Teile schneiden.

Gespannt beugen sich alle vor und begutachten die Schnittfläche. «Er sieht schön aus», findet Lorenz. «Diese Löcher hier sollten nicht sein», wendet Janine kritischer ein. Dann bekommt der Käse ein kleines Fähnchen mit der Nummer 41 verpasst und wird weggetragen. Jede Alp darf nur einen einzigen Käse zur Prämierung geben. Somit hat auch der Zufall seine Finger im Spiel. «Ob man den besten oder den schlechtesten Laib des Jahres erwischt, kann viel ausmachen», erklärt Janine.

Erfolg an der Olma

Bei der Bünder Alpkäseprämierung hat es dem Cutginatscher Käse nicht zu einer Medaille gereicht. Umso grösser war bei den Älplern die Freude, als es einen Monat später doch noch klappte: an der Alpkäseprämierung der Olma gab es eine «Anerkennung für ausgezeichnete Qualität».

Die Juroren machen sich ans Werk

Jetzt heisst es warten, bis die Jury ihr Urteil gefällt hat. Lorenz und Aron wollen sich den topmodernen Kuhstall des Plantahofs anschauen, Janine trifft eine Älplerin, die sie im Frühling hier beim Alpkäsekurs kennengelernt hat. Unterdessen sind in dem Raum, in dem auch Viehschauen stattfinden, die 74 Alpkäse auf herbstlich dekorierten Tischen aufgereiht worden und die Dreierteams der Juroren machen sich an die Arbeit. Ein Team besteht immer aus einem Milchtechnologen, einer Person aus der Praxis sowie jemandem aus der Gastronomie. Jeder Käse wird nach festgelegten Kriterien bewertet und erhält eine Punktzahl. Diese entscheidet, ob der Käse mit Bronze, Silber oder Gold ausgezeichnet wird oder ob er ohne Medaille ausgeht.

Langsam und methodisch arbeiten sich die Teams durch die Reihen. Dann sind Stefan Bless und seine beiden Kollegen beim Käse mit der Nummer 41 angekommen. Kritisch schauen sie sich den halben Laib an, begutachten die Schnittfläche, die Rinde und die Löcher. Die Mienen zeigen Zustimmung, nur für die unregelmässigen Löcher, die Janine schon aufgefallen sind, bekommt der Curtginatscher Käse etwas Abzug. Dann sticht Stefan den Käse an und biegt das herausgezogene Stück durch, bis es bricht. So wird die Konsistenz bewertet. Da zeigen sich einige Falten auf den Stirnen der Juroren. Beim Degustieren bestätigt sich das Urteil: «Ein bisschen zu schmierig», meint der Experte. Das gibt Punktabzug. Ausserdem enthält der Käse etwas viel Säure. «Das stört noch nicht, aber während der Reifung kann darunter die Qualität leiden», sagt Stefan. Es ist ihm wichtig zu betonen, dass nur die allgemeine Qualität des Käses bewertet wird, also zum Beispiel seine Lager-fähigkeit. «Der tatsächliche Geschmack ist hingegen gar nicht so wichtig, weil den jeder anders wertet», sagt der Experte.

So reicht es dem Käse der Alp Curtginatsch dieses Jahr zu keiner Auszeichnung. Obschon Janine und ihr Team den ganzen Sommer über immer sehr positives Feedback bekommen haben. Das sorgt bei der Preisverleihung am späten Abend für einen kurzen Stimmungsdämpfer, kann aber das positive Fazit über den ganzen Sommer nicht trüben. Janine sagt: «Mir ist lieber, der Käse gefällt den Kunden und fällt bei den Juroren durch als umgekehrt.»

Text und Video: Max Hugelshofer
Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im Juni 2023

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