«Zu schnell zu viel gewollt»

Dorothea Rigonalli von der Kooperative «Prodotti del Moesano» über Direktvermarktung und warum es Geduld braucht, bis alle an einem Strick ziehen.

Im Berggebiet werden viele Produkte von hoher Qualität hergestellt. Das alleine reicht für den kommerziellen Erfolg aber nicht aus. Es braucht auch eine clevere Vermarktung und geeignete Absatzkanäle. Dorothea Rigonalli erzählt, welche Herausforderungen sie dabei begegnete.

«Schon seit ein paar Jahren läuft im Calancatal ein Projekt für regionale Entwicklung, bei dem ich aktiv mitwirke. In der Projektgruppe entstand die Idee, eine gemeinsame Vermarktungsplattform für die Produkte in unserer Region zu lancieren. Viele der Bauern und Kleinproduzenten, die sich der Kooperative anschlossen, hatten bis dahin für sich selber Direktvermarktung betrieben, auch ich. Aber zusammen erreicht man mehr, als wenn jeder nur für sich schaut, das hat sich am Beispiel des Puschlav gezeigt. Wenn auch wir unsere Region, die Moesa, und unsere traditionellen Produkte in Graubünden und darüber hinaus bekannt machen wollen, müssen wir uns koordinieren und zusammenarbeiten.»

«Das hat in den letzten drei Jahren nicht immer so gut geklappt, wie wir uns das erhofft hatten. Viele unserer Mitglieder sind sich daran gewohnt, Einzelkämpfer zu sein, und tun sich etwas schwer mit dem Kooperativgedanken. Das Engagement für die gemeinsame Sache hält sich in Grenzen. In den ersten beiden Jahren sind wir mit unseren Produkten auf viele Märkte und Gourmet-Messen in der ganzen Schweiz gefahren. Im Sommer standen wir an schönen Wochenenden zudem noch mit einem Imbisswagen auf der Raststätte am San Bernardino. Um den Marktstand oder den Imbiss zu betreuen, braucht es zwei Leute. Wenn sich jeder in der Kooperative einmal anerboten hätte, wäre der Aufwand für alle überschaubar gewesen. Weil es am Ende aber immer an den gleichen Leuten hängen blieb, waren so viele Aktivitäten auf Dauer nicht mehr bewältigbar.»

«Wahrscheinlich haben wir uns am Anfang einfach zu viel vorgenommen, zu schnell zu viel gewollt. Mittlerweile haben wir die Aktivitäten zurückgeschraubt und konzentrieren uns auf einige wenige Märkte, zum Beispiel den Wochenmarkt in Chur, der von Mai bis Oktober stattfindet und wo unsere Produkte sehr gut laufen. Was wir dabei immer wieder feststellen: Die Kunden auf dem Markt wollen nicht nur einkaufen, sie wollen auch etwas über die Produkte erfahren, sie wollen wissen, wo ein Käse produziert wird, sie wollen Geschichten hören. Das ist ein ganz wesentlicher Teil der Vermarktung. Deshalb ist es wichtig, dass diejenigen, die verkaufen, die Produkte gut kennen – oder sie im Bestfall gleich selber produziert haben. Das hat etwas mit Authentizität zu tun.»

«Auch wenn wir vorerst einen Schritt zurückmachen mussten, bin ich überzeugt, dass die Kooperative der richtige Weg ist, um unsere Produkte aus dem Calancatal und dem Misox zu vermarkten. Wir haben viel gelernt. Es steht und fällt mit den Leuten. Und es braucht einfach Zeit, bis der Gemeinschaftsgedanke von allen mitgetragen wird. Wir werden auf jeden Fall dranbleiben.»

Text: Isabel Plana

Erschienen im Oktober 2016
 Marktfahrzeug der Kooperative Prodotti del Moesano
Mit dem Marktfahrzeug bringt die Kooperative Prodotti del Moesano ihre Produkte zu den Leuten.
 Dorothea Rigonalli, Initiantin der Kooperative Prodotti del Moesano
Dorothea Rigonalli, Initiantin der Kooperative Prodotti del Moesano


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