Beim Stallbau packen alle an

Familie Seiler hat beim Neubau des Laufstalles vieles selber gemacht – sogar die Baustämme für das Bauholz geschlagen.

Jeder Stallbau ist ein Abenteuer. Vor allem ein finanzielles. Wenn man wie Familie Seiler kurz zuvor bereits das Wohnhaus sanieren musste, dann ist man manchmal sogar froh, wenn es mit der Baubewilligung etwas länger dauert.

Verschnaufpausen sind Mangelware bei Familie Seiler: Einstieg in die Landwirtschaft mit gepachtetem Hof, Sanierung des Wohnhauses, Kauf des Hofes und Erweiterung des Stalls. All das innert 15 Jahren. Dazwischen ein kaputtes Knie und eine Hüftoperation. Daneben Ämter bei der Sennerei- und der Alpgenossenschaft. Und vier Kinder.

Trotzdem wirken beim Besuch in Brigels weder Adrian noch Rita auch nur im Geringsten gestresst. «Wir nehmen uns die Zeit, die nötig ist», sagt Adrian. Der Stall ist gerade mitten im Bau. Die Betonarbeiten sind abgeschlossen, jetzt sind die Zimmerleute an der Arbeit. Adrian, der vor seiner Landwirte-Ausbildung nicht nur Netzelektriker, sondern auch Forstwart gelernt hat, hilft natürlich tatkräftig mit. Vorarbeit hat er bereits vor einem Jahr geleistet. Damals schlug er eigenhändig im Wald die besten Stämme für das Bauholz. «Es ist ein schönes Gefühl, jetzt daraus unseren Stall entstehen zu sehen.»

Mit dem neuen Anbau wird aus dem bisherigen Anbinde- ein moderner Laufstall. Ein Schritt, der den jahrelangen Ausbau des Hofs abschliesst und der Seilers vor allem aus Gründen des Tierwohls wichtig ist. Er wird aber auch die Arbeit deutlich erleichtern.

Das Projekt in Kürze

  • Bergbauernfamilie
  • Neuer Laufstall
  • Brigels/GR

Arbeit wird einfacher

Seilers haben im Jahr 2003 mit der Landwirtschaft angefangen. Weil beide nicht direkt aus Bauernfamilien kommen, aber als Kinder bei Verwandten auf deren Höfen mitgeholfen haben, suchten sie sich andere Berufe. Doch ganz konnte Adrian nicht von der Landwirtschaft lassen. In seiner Freizeit half er immer bei den benachbarten Bauern mit. Einer davon überraschte die jungen Eltern plötzlich mit dem Angebot, ihnen seinen Hof zu übergeben. «Wir waren ziemlich überrumpelt, aber wir wussten: So eine Chance kommt nicht wieder», erinnert sich Rita. Also schlugen sie zu. Zuerst übernahmen sie den Hof in Pacht, später kauften sie ihn.

Nochmals eine einmalige Chance ergab sich, als Adrians Mutter ein Haus mitten im Dorf erbte. Sie gab es als Erbvorbezug Adrian und seiner Schwester weiter. Diese sanierten es gemeinsam. In den unteren beiden Stöcken lebt die inzwischen sechsköpfige Familie Seiler, im Dachgeschoss hat die Schwester eine Ferienwohnung eingerichtet.

Bauverzögerung als Glücksfall

Zusammen mit dem Kauf des Hofes ist so ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen. Doch dieser hat auch die Familienkasse ziemlich geleert. Nicht ganz unproblematisch, wenn auch der dringende Ausbau des Stalls ansteht. Da geht es schon fast als Glücksfall durch, dass es bei der Erteilung der Baubewilligung Verzögerungen gab. Der Stall liegt direkt neben einem Bach. Weil die Vorschriften über den vorgeschriebenen Abstand zu Gewässern erneuert wurden und noch niemand genau wusste, wie sie auszulegen sind, dauerte es ganze drei Jahre von der ersten Eingabe bis zur Bewilligung. Zeit, in der Seilers eisern gespart und ihr finanzielles Polster wieder etwas ausgebaut haben. Gereicht hat es trotzdem nicht ganz. Trotz Hypothek, sehr viel Eigenleistung und dem vorläufigen Verzicht auf einen Heukran blieb eine Finanzierungslücke. Als die Schweizer Berghilfe zusagte, diese zu schliessen, sei ihr ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, sagt Rita.

Anfang des nächsten Sommers soll der Stall fertig werden. Oder auch erst im Herbst. So wichtig ist das nicht. «Natürlich freuen wir uns wahnsinnig darauf, aber wir haben jetzt 15 Jahre gewartet, da kommt es auf ein paar Wochen mehr auch nicht an.»

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im März 2018
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.