Bieridee schafft Arbeitsplätze
Im toggenburgischen Neu St. Johann wird seit 2012 wieder lokales Bier hergestellt.
Im toggenburgischen Neu St. Johann wird seit 2012 wieder lokales Bier hergestellt.
Das Toggenburg hat wieder eine Brauerei. Dort, wo bis vor knapp hundert Jahren gebraut wurde, entsteht ein lokales Bier für die lokale Bevölkerung.
Philipp Grob zieht am Hebel des Zapfhahns, und goldgelb fliesst das Bier ins Glas. Es ist nicht irgendein Bier, sondern sein eigenes, das «St. Johann Hell». Gebraut wird es am gleichen Ort, an dem schon vor 150 Jahren das Toggenburger Bier hergestellt wurde: in Neu St. Johann, hinter dem Restaurant zur Mauer. Doch 1919 schlossen die Tore der Brauerei Neu St. Johann. Und als dann vor gut 30 Jahren die letzte Brauerei zumachte, wurde im Toggenburg nirgends mehr gebraut. Bis jetzt: Das «St. Johann Hell» stellt nicht nur den Startschuss zur Wiederbelebung der Toggenburger Brautradition dar, es legt auch den Grundstein für eine Brauerei, die neue Arbeitsplätze bietet und das Toggenburg wirtschaftlich belebt.
Auch wenn Philipp Grob den Zapfhahn routiniert bedient: Das Bierbrauen war immer nur ein Hobby des 36-Jährigen. Bis er eines Abends gemeinsam mit seinen Freunden Tobias Kobelt und André Meyer seine neuste Kreation degustierte. Die drei befanden das Bier für so gut, dass sie es dem ganzen Toggenburg zugänglich machen wollten. Sie beschlossen: «Wir erwecken die ehemalige Brauerei wieder zum Leben.» Zwar dauerte es zwei Jahre, aber mit Herzblut, Durchhaltewillen und vor allem sehr viel unbezahlter Arbeit wurde der Traum im vergangenen November Wirklichkeit. Die Eröffnung war ein Fest für die ganze Bevölkerung, schliesslich sind viele Toggenburgerinnen und Toggenburger Mitbesitzer der Brauerei.
Finanziert wurde der grösste Teil des Projekts durch die Ausgabe von Aktien. Über 900 Personen liessen sich begeistern. Von diesem Erfolg überrascht, entschieden sich die drei Initianten, den Startschuss zu wagen. Aber dann, als die grössten Hürden bereits gemeistert schienen, stand das Projekt plötzlich doch noch auf der Kippe. Die Aushubarbeiten wurden massiv teurer als geplant. Geld war keins mehr da, der Bau schon weit fortgeschritten. Da wandten sich die drei Gründer an die Schweizer Berghilfe, die einen Teil der Mehrkosten übernahm. «Da fiel uns allen ein grosser Stein vom Herzen», sagt Grob.
Inzwischen ist die Startphase des neuen Betriebs vorbei, die zehn Mitarbeiter sind eingearbeitet, und Braumeister Moritz Ruff braut das «St. Johann Hell» mehrmals pro Woche in den beiden glänzenden Kupferkesseln, die mitten in der Bar stehen. Bis jetzt verkauft sich das Bier bestens, sowohl offen als auch abgefüllt in Flaschen. Der Braumeister arbeitet be-reits an der Rezeptur eines Weizenbiers, und auch ein Amberbier soll fest ins Sortiment aufgenommen werden. Dazu werden saisonale Spezialbiere kommen, die es nur für eine beschränkte Zeit gibt. Moritz Ruff, der früher in einer Grossbrauerei in München gearbeitet hat, freut sich darauf, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen: «Wir haben hier technisch die gleichen Möglichkeiten wie in einer grossen Brauerei. Weil wir pro Sud nur 1000 Liter produzieren, sind wir aber viel flexibler und können mehr ausprobieren.»
Daran gewöhnen muss sich Ruff, dass ihm bei der Arbeit jemand über die Schulter schaut. Führungen gehören zum Konzept der Brauerei St. Johann. «Wir wollen allen Bierbegeisterten die Chance geben, beim Brauen ganz nah dabei zu sein», sagt er. Und Philipp Grob ergänzt: «Vor allem natürlich den Toggenburgern. Schliesslich ist das St. Johann unser gemeinsames Bier.»