Der Bloder macht, was er will

Das Toggenburg ist eine Hochburg der Käsevielfalt. Und die Wiege des Urkäses zugleich: Der Bloderkäses ist ein Sauerfrischkäse, den viele Nomadenvölker noch heute machen. Einer, der den Bloderkäse leidenschaftlich gern herstellt, ist Käser Thomas Stadelmann. Doch das war nicht immer so.

Um zehn Uhr hätte der Bloder an diesem Sonntag bereit sein sollen. Dass er es nicht ist, überrascht Käser Thomas Stadelmann kein bisschen. «Immer, wenn man vorwärts machen will mit dem Bloder, geht es erst recht nicht», sagt er. Bloder nennen die Toggenburger jede gallertartige Masse, die entsteht, wenn Bakterienkulturen die Milch geronnen haben. Aus einem bestimmten Bloder wird dann jeweils der Bloderkäse. Es ist ein Sauerfrischkäse, geschmacklich erinnert er von etwas an eine Kombination von Feta und Quark, die Konstistenz ist etwas weicher als von Feta.

Diesmal sei es wohl eine etwas zu schwächliche Kultur gewesen, die er angesetzt habe. «Nun habe ich eine zweite hinzugegeben, jetzt geht es vorwärts», sagt der 50-Jährige. Thomas Stadelmann kommt ursprünglich aus dem Entlebuch, den Bloderkäse lernte er erst hier im Toggenburg kennen. «Am Anfang, vor über 25 Jahren, da mochte ich ihn gar nicht», erinnert er sich. Zu fad schmeckte ihm der Käse, und zu säuerlich. Doch dann hat es ihn gepackt. «Hier im Toggenburg gibt es schon eine enorme Käsevielfalt, das inspiriert.» Er habe die alten Bauern gefragt, auf was man bei der Herstellung achten müsse. «Vor etwa 20 Jahren habe ich mit meinen ersten Versuchen angefangen. Am Anfang bin ich ein paar Mal gescheitert, vor allem weil ich dem Bloder einfach zu wenig Zeit gelassen habe. Ich wollte vorwärts machen, aber das geht einfach nicht. Bloderkäse machen braucht Zeit.» Heute wird Bloderkäse - wie alle Käse - mit einer speziellen Milchsäurebakterien-Kultur angesetzt. Früher liess man die Milch spontan sauer werden. Das gelang, weil die Nomaden und Bauern die immer gleichen Holzbottiche verwendeten, in denen sich die Bakterien schon befanden. Bloderkäse sei darum auch die ursprünglichste Form von Käse, sagt Stadelmann.

Das Projekt in Kürze

  • Käserei
  • Neuer Verarbeitungsraum
  • Nesslau/SG

Reiner Geschmack, angenehme Säure, leicht salzig

Inzwischen ist der Bloder perfekt geronnen. Jetzt beginnt der schönste Teil der Arbeit. Weil Stadelmann vom Bloderkäse nur wenig aufs Mal produziert, bricht er die Masse mit einer Schaufel statt mit einer Harfe und rührt dann rund 20 Minuten mit dem Rührwerk weiter. So lange, bis die geronnenen Körner klein genug sind. Dann erwärmt er die Masse etwas und mischt noch etwas Vollmilch bei – wieviel und bei welcher Temperatur bleibt sein Geheimnis. Eines der Geheimnisse, die ihm schon mehrfach den Titel des besten Schweizer Bloderkäses eingebracht haben. «Ein guter Bloderkäse hat einen reinen Geschmack, eine angenehme Säure und ist leicht salzig», sagt er. Mehr ist ihm nicht zu entlocken.

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Nicht ins Runde, ins Viereckige kommt der Bloder

Als letztes füllt Stadelmann die Masse in die Formen. Anders als üblich sind diese viereckig, auch das hat einen traditionellen Hintergrund: Für diese Art Käse haben Älpler, Bäuerinnen und Nomadenvölker günstige Formen hergestellt. Eine Kiste war schlicht einfacher, schneller und günstiger zu bauen als eine runde Form. Und schnell geht es auch, bis man den Käse kosten kann: Nur zwei Tage dauert es von der Milch zum Bloderkäse, bis letzterer auf den z’Morgebuffets und in den Käsereien landet.

Text und Bilder: Alexandra Rozkosny

Erschienen im September 2023
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