«Die Alp ist mein Leben»

In ihrem 41. Alpsommer geniesst Vreni Stucki den bescheidenen Komfort einer neuen Alphütte.

Bereits zum 41. Mal verbringt die 56-jährige Vreni Stucki den Sommer auf ihrer Alp Chuelouenen im Simmental. Das Leben der vierfachen Mutter und Grossmutter von vier Buben war von Arbeit und Entbehrungen geprägt. Dank einer neuen, an den Stall angebauten Wohnhütte auf der Alp hat sie es nun etwas leichter.

Vreni Stucki könnte sich ein Leben ohne die Alp Chuelouenen nicht vorstellen. Dieses Jahr ist es ihr 41. Sommer hier oben. Das ist allerdings nichts gegen ihren 81-jährigen Vater. Der ist schon so oft hier raufgekommen, dass ich gar nicht mehr mitgezählt habe. Er wird zur Alp fahren, bis er tot umfällt, da bin ich sicher, sagt sie. Vater und Tochter sind ein eingespieltes Team. Morgens melkt er die 20 Kühe, und sie trägt die schweren Eimer zu den Kälbern und tränkt sie. Geredet wird kaum bei der Arbeit. Beide kennen sich so gut, dass nicht viel geredet werden muss. Das vereinfacht das Arbeiten, macht das Älplerleben manchmal aber auch etwas einsam. Darum freut sich Vreni Stucki immer, wenn eine ihrer vier erwachsenen Töchter raufkommt, um zu helfen. Auch die Zeit, die sie mit den Enkeln verbringen kann, ist für sie sehr wichtig. Wahrscheinlich, weil ich von meinen eigenen Kindern vor lauter Arbeit vieles gar nicht mitbekommen habe. Ja, ich hatte es schon streng. Weil meine Mutter schwere Epileptikerin war und keinen Mann hatte, verbrachten meine Schwester und ich unsere Kindheit in einem Heim.

Ich habe geweint vor Freude

Die Zustände auf der Alp waren irgendwann nicht mehr auszuhalten. Manchmal sassen vier Generationen um den Tisch in der einzigen kleinen Kammer. Es gab immer Streit, weil wir zu nahe aufeinander hockten. Die Enkel schliefen im Stroh oder im Zelt, ich in einem feuchten Keller, blickt Vreni Stucki zurück. Für das neue Häuschen kratzte sie alle Ersparnisse zusammen, und auch die Bank sicherte ihr eine Hypothek zu. Gereicht hat es trotzdem nicht ganz. Nur dank der Unterstützung der Schweizer Berghilfe ist der Traum doch noch wahr geworden. Ich erinnere mich noch ganz genau an den Alpaufzug vor zwei Jahren. Nach dem einstündigen Aufstieg vom Strässchen her kam plötzlich der Giebel des Rohbaus in Sicht. Da habe ich geweint vor Freude, erzählt sie. Das Häuschen ist einfach eingerichtet, im Gegensatz zur alten Hütte ist es aber richtig luxuriös. Alles ist hell, die grossen Fenster geben einen wunderschönen Blick auf das Stockhorn frei. In den vier Kammern sind genügend Betten untergebracht. Vreni Stuck freut sich: Jetzt haben auch die Jungen einen eigenen Platz zum Schlafen.

Erschienen im August 2011

Das Projekt in Kürze

  • Därstetten/BE

Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.