Die vorhandene Energie nutzen

Ein Kleinwasserkraftwerk sichert die Energieversorgung auf der Alp Alplen.

Die Energieversorgung auf der deutlich über der Waldgrenze gelegenen Alp Alplen, war Jahrzente lang ein grosses Problem. Mehr als 1000 Liter Diesel und viele Ster Holz mussten pro Alpsommer mühsam vom Tal herauftransportiert werden. Ein Kleinwasserkraftwerk schafft jetzt endlich Abhilfe.

Die alten Urner haben nicht viel davon gehalten, die hohen Berge, welche die Täler einschliessen, als Kantonsgrenzen zu akzeptieren. Oft haben sie auch noch das oberste Stück des benachbarten Tals für sich beansprucht. Bekanntestes Beispiel dafür ist der Urnerboden, den jeder Aussenstehende nach einem Blick auf die Karte dem Kanton Glarus zuteilen würde. Oder die Alp Alplen. Sie wird heute noch von Urner Bauern bestossen und liegt – aus Urner Sicht – hinter ihren Schächentaler Windgällen. Aus jeder anderen Sicht liegt sie ganz zuhinterst im Schwyzer Bisistal. Von dort aus ist die Alp heute auch erschlossen – über eine lange, schmale Kiesstrasse und den spektakulären, in eine senkrechte Wand geschlagenen Felsenweg. Es treiben allerdings heute noch viele Bauern im Frühsommer ihr Vieh vom Schächental her über eine Bergkette nach Alplen hoch.

Toni Gisler, Präsident der Hirtenverwaltung Fiseten/Alplen, kann sich noch gut an Zeiten erinnern, als man nur mit einem zweistündigen Fussmarsch auf die Alp kam. «Als Bub verbrachte ich manchen Sommer hier oben in der Abgeschiedenheit. Alplen war für mich ein kleines Paradies», erinnert er sich. Sein Vater war damals Senn auf Alplen, bevor vor 32 Jahren der jetzige Älpler Alois Gisler übernahm. Die Liebe zur Alp hat Toni seinem Sohn Silvan vererbt. Der 12-Jährige verbringt jeden Sommer ein paar Tage auf Alplen. Früher war man dort auf die Hilfe der Burschen aus dem Tal angewiesen. Und auch heute schätzt es Älplerin Ida Gisler, wenn ein paar zusätzliche Hände anpacken. Schliesslich betreuen sie und ihr Mann gemeinsam mit einer Angestellten jeweils ungefähr 15 Milchkühe, 220 Rinder, 1000 Schafe, 30 Ziegen und ein paar Schweine. Pro Sommer produziert Ida über zwei Tonnen verschiedene Alpkäse aus Kuh- und Ziegenmilch, die weit herum bekannt sind.

Das Projekt in Kürze

  • Älpler
  • Kleinwasserkraftwerk
  • Unterschächen/UR

Sie hat grosse Veränderungen erlebt in ihren 32 Alpsömmern. «Es ist vieles besser und einfacher geworden», sagt sie. «Ohne die Erschliessungsstrasse und den grösseren Stall würden wir das hier nicht mehr machen.» Sie rechnet es der Hirtenverwaltung hoch an, dass sie sich immer so gut um die Infrastruktur der Alp gekümmert hat. Nur die Energieversorgung machte Probleme. Zwar reichte der Strom, den die kleine Solaranlage produzierte, für Licht und Radio. Um die Melkmaschine mit Strom zu versorgen, musste allerdings immer ein Generator angeworfen werden. Und damit zum Käsen genug heisses Wasser zur Verfügung stand, musste im Ofen tagaus, tagein ein Feuer brennen. Mehr als 1000 Liter Diesel und viele Ster Holz verbrannten Gislers pro Alpsommer. Weil Alplen deutlich über der Waldgrenze liegt, mussten sie nicht nur den Diesel, sondern auch das Holz mühsam vom Tal herauftransportieren. Eine zeitintensive und teure Angelegenheit. Doch damit ist bald Schluss. Abhilfe schafft ein Kleinwasserkraftwerk.

Hoch oben über einem Wasserfall wird dem Bergbach, der danach versickert und weiter unten als Muota wieder entspringt, Wasser abgezapft. Eine Druckleitung führt dieses zur grossen Weide unterhalb des Alpgebäudes. Dort entsteht zurzeit ein Häuschen, in dem eine kleine Turbine montiert wird. Der damit produzierte Strom wird durch ein in der Erde vergrabenes Kabel zur Alphütte geleitet. Der Dieselgenerator bleibt zwar noch dort, ist dann aber wieder das, als was er ursprünglich konstruiert wurde: ein Notstromaggregat. Und den Holzofen brauchen Gislers höchstens noch zum Kochen. Oder zum Heizen, wenn sich mitten im Sommer der Winter mal wieder zurückmeldet. «Das ist die perfekte Lösung», ist Toni Gisler überzeugt. «Wir machen nichts kaputt und verursachen keine Emissionen. Die Energie des Wassers ist bereits vorhanden. Man muss sie nur nutzen.» Bis aus der bestechend einfachen Idee allerdings ein konkretes Bauprojekt geworden ist, hat es mehrere Jahre gedauert. Schuld daran waren wie so oft die Finanzen. Auch wenn Alplen eine Erfolgsgeschichte ist und die Hirtenverwaltung jedes Jahr ein paar Franken zur Seite legen kann, ein grosses Vermögen konnten die Besitzer der Alp seit den letzten Investitionen nicht zusammensparen. Dank viel Eigenleistung der Mitglieder konnten die Kosten so weit gesenkt werden, dass es fast gereicht hätte. Allerdings nur fast. «Wenn uns die Berghilfe nicht unterstützt hätte, wäre das Kleinwasserkraftwerk noch jahrelang nichts als Wunschdenken», sagt Toni Gisler. So können die Bauarbeiten aber bereits diesen Sommer abgeschlossen werden. Und schon nächstes Jahr sind die aufwendigen Diesel- und Holztransporte Geschichte.

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im August 2013
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.