Grosse Hilfe für grosse Alp

Das 60-jährige Alpgebäude auf der Alpage du Coeur wurde um einen Anbau erweitert und ein Käsekeller im Tal gebaut. So wird der Fortbestand der Alp gesichert.

Auf der Alpage du Cœur sömmern vier Bauernfamilien insgesamt 80 Kühe. Die Familien sind auf diese Sommeralp angewiesen und setzen deshalb alles daran, die Alpage du Cœur zu erhalten.

Ein Alpaufzug ist nicht nur für Bergbauern und deren Familien immer wieder etwas Besonderes, sondern auch für das Vieh. «Sobald wir den Kühen die Glocken um den Hals hängen, werden sie nervös. Sie merken, dass es nun losgeht», sagt Hervé Darbellay. Deshalb greift er zu einem Trick: «Wir ziehen den Kühen die Glocken schon zwei Tage vorher an. So können sie sich daran gewöhnen und beruhigen sich wieder.» Es scheint zu funktionieren. Am Morgen, an dem es dann tatsächlich ernst gilt, fressen die Simmentaler Milchkühe noch gemütlich an den steilen Hängen im Weiler Chandonne am Fusse des Grossen St. Bernhard. Nur ganz wenige scheinen darauf zu brennen, den acht Kilometer langen Aufstieg zur Alpage du Cœur auf rund 2200 Meter über Meer in Angriff zu nehmen. 700 Höhenmeter gilt es dabei auf dem Forstweg zu überwinden. Und elf Serpentinenkurven. Unterbrochen ist der Aufzug nur von einem kurzen Zwischenhalt auf einer saftigen Wiese oberhalb der Baumgrenze. Fürs Vieh ist es ein «Znüni» der allerfeinsten Sorte.

Die Alpage du Cœur hat eine lange Tradition. In den 1950er-Jahren bestand die Alpkooperation aus bis zu 80 Bauern, die meist nur je eine Kuh auf die Alp bringen konnten. Doch die Zahl der Bauern ist drastisch zurückgegangen, viele haben das strukturschwache Tal verlassen. Inzwischen sömmern noch vier Bauernfamilien insgesamt 80 Kühe auf der Alp: die Familien von Hervé Darbellay, Serge Exquis, Frédéric Marquis und Philippe Marquis, dem Präsidenten der Kooperation. Um die viele Arbeit auf der grossen Alp zu bewältigen, beschäftigt die Kooperation vier Angestellte: einen Hirten, zwei Helfer und einen Käser. Die Mitglieder der Alpkooperation sind auf das Einkommen aus dem Käseverkauf sowie die Möglichkeit, die Tiere zu sömmern, angewiesen. Deshalb setzen sie alles daran, die Alpage du Cœur zu erhalten. So haben sie in den vergangenen Monaten dringend notwendige Arbeiten erledigt: eine neue Güllengrube gebaut, einen neuen Stall für die Alpschweine und einen Unterstand fürs Holz, das fürs Befeuern des Käsekessis gebraucht wird. Zudem wurde im Tal ein neuer Käsekeller gebaut, in welchem die Raclette-Käse nach dem Alpabzug zum verkaufsfertigen Produkt reifen können. «Früher mussten wir den noch unreifen Käse zu einem tiefen Preis an einen Grossabnehmer verkaufen», sagt Philippe Marquis. «Heute können wir den Käse selbst pflegen und später das fertige Produkt zu einem viel besseren Preis verkaufen.»

Das Projekt in Kürze

  • Alpgenossenschaft
  • Anbau an das Alpgebäudes
  • Chandonne/VS

Vor allem aber hat die Alpkorporation das Alpgebäude aus dem Jahr 1952 um einen Anbau erweitert, in dem neu die Küche für die Angestellten untergebracht ist. Hervé Darbellay: «Wir haben so viel Zeit und Geld eingebracht, wie wir konnten. Doch ohne die Unterstützung der Schweizer Berghilfe hätten wir die Verbesserungen nicht alle vornehmen können.» Und länger aufschieben konnte man sie nicht. «All diese Arbeiten helfen uns, den Fortbestand der Alp langfristig zu sichern.»

In der umgebauten Alphütte ist nun die Käsefabrikation vom Essbereich getrennt. Dieser Schritt war Voraussetzung für das AOC-Label – aus Hygienegründen. «Die Bezeichnung AOC verhilft uns zu einer höheren Wertschöpfung», sagt Präsident Philippe Marquis. Aus 80 000 Kilo Milch produziert Käser Matthieu Veit pro Alpsommer rund 1600 Laibe Walliser Raclette AOC à fünf Kilo. Der erste Schritt dazu ist auch in diesem Sommer bereits getan: Die 80 Kühe wurden nämlich gleich nach der Ankunft auf der Alp gemolken, im Kessi wird das erste Mal eingelabt. Doch das interessiert die Kühe nicht. Für sie geht es endlich auf die Alpweide. Und da zählen nur noch das saftige Gras und die schmackhaften Alpkräuter.

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im September 2013
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.