Im Tal lockt das neue Winterquartier

Die Schafherde von Familie Cadenazzi war auf mehrere Ställe verteilt. Ein Stallausbau hat Abhilfe gebracht.

Während Michael auf den weit entfernten Winterweiden arbeitet, kümmert sich Bea Cadenazzi auf dem Heimbetrieb gleichzeitig um die Kinder und die Schafherde. Der von der Berghilfe unterstützte Stallausbau war nötig. «Alle Tiere jetzt in der Nähe zu haben, 100 davon in einem einzigen Stall, vereinfacht die Arbeit sehr.»

Der Rhythmus der Hirtenwanderung bestimmt das Leben der Familie Cadenazzi. In der warmen Jahreszeit ziehen Vater Michael und Mutter Bea gemeinsam mit den Kindern Mena (9), Mauro (7) und Nando (4) und der über 1000 Tiere zählenden Schafherde über die Berge. Die eigenen vier Wände befinden sich dann auf acht Rädern: eine Wagenburg am Bachufer ist das schlichte Sommerdomizil der fünfköpfigen Familie mitten in der schroffen Bergwelt. «Wir werden manchmal gefragt, ob die Kinder fernab der Zivilisation nicht zu kurz kommen», meint Bea Cadenazzi. «Doch wie alle anderen gehen sie täglich in Hospental zur Schule oder in den Kindergarten, sind unternehmungslustig, und für ihre Freunde sind Besuche hier oben sowieso das Grösste.» Über mangelnde Abwechslung kann sich Bea Cadenazzi nicht beklagen, erst recht nicht in der kalten Jahreszeit. «Wenn Michael zwischen November und März auf der Winterweide im Luzerner Mittelland arbeitet, versorge ich die Schafe alleine», erzählt sie. Bis im letzten Jahr war das eine komplizierte Sache, weil die Tiere auf verschiedene Ställe im Urserental verteilt waren. «Zwischen der Mietwohnung in Hospental und den verstreut liegenden Ställen hin und her zu pendeln und mich dabei um die Kinder zu kümmern, war nicht immer einfach», sagt die Schäferin, die aus dem Bündnerland stammt. Als ein Pachtstall wegfiel, suchten Cadenazzis vergeblich einen geeigneten Ersatz.

Die Familie machte aus der Not eine Tugend und beschloss, den bestehenden Stall auf dem Heimbetrieb in Hospental zu vergrössern. Beim Aushub stiess man aber unvermittelt auf felsigen Untergrund, was die Stallerweiterung deutlich verteuerte. Die Zusatzkosten überstiegen die finanziellen Möglichkeiten der Familie, worauf die Schweizer Berghilfe eine massgebliche Unterstützung leistete. Die Erleichterung ist gross: «Alle Tiere jetzt in der Nähe zu haben, 100 davon in einem einzigen Stall, vereinfacht die Arbeit sehr», freut sich Bea Cadenazzi. Eine lange Wintersaison haben die Tiere schon im Stall verbracht, ein kurzer Bergsommer ist auch schon Geschichte, doch die Erinnerungen an den Tag, als der Stall bezugsbereit war, sind bei Michael Cadenazzi noch lebendig: «Als wir den Stall nach kurzer Bauzeit im Oktober einweihen konnten, war es für mich, als würde ich selber dort einziehen», erinnert er sich. Michaels «Stalldrang» verwundert nicht, schliesslich muss der Familienvater oft lange auf das eigene Daheim verzichten. Die Arbeit auf der Winterweide sorgt für das dringend benötigte Zusatzeinkommen. Unterwegs ist der Schäfer dann im Gebiet des Sempachersees, wo ihm ein Wohnwagen als Bleibe dient. Selbst an Weihnachten bleibt da nur wenig Zeit für die Familie. Die Heimfahrt ins Urserental ist lang, und schon am Stephanstag muss er gewöhnlich wieder bei der Herde sein.

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im November 2010

Das Projekt in Kürze

  • Bergbauernfamilie
  • Stallausbau
  • Hospental/UR
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.