Mit vier Hundestärken durch den Schnee

Um mit Hundeschlitten zu fahren, muss man nicht in den hohen Norden. Das geht auch im Muotathal.

Die erlebniswelt Muotathal GmbH hat den Tourismus ins abgelegene Bergtal gebracht. Eine Ausfahrt mit dem Hundeschlitten ist ein eindrückliches Erlebnis.

Die vier Hunde sind völlig aus dem Häuschen. Sie bellen und jaulen, springen in die Luft und reissen so stark an ihren Geschirren, dass ich den Schlitten nur knapp an Ort und Stelle halten kann, obschon ich mit meinem ganzen Gewicht auf der Bremse stehe.

Eine halbe Stunde vorher herrscht noch komplette Ruhe im verschneiten Schwyzer Bisistal. Im VW-Bus der erlebniswelt Muotathal GmbH fahren wir von der Husky-Lodge aus das Tal hinauf zum Start des Trails. Ausser mir sind an Bord: Susi Gwerder von der Erlebniswelt und zwei Ehepaare mit je einem Kind. Bei beiden hatte die Mutter das Schlittenhund-Abenteuer dem Rest der Familie zu Weihnachten geschenkt. Unsere Schlittenhunde der Rasse Siberian Husky haben wir bereits kennengelernt, sie ausgiebig gestreichelt und beim Anziehen der Geschirre gemerkt, dass Huskies nicht nur sehr unterschiedlich aussehen, sondern auch ganz verschiedene Charaktere haben. Die einen sind schon fast alleine in ihre «Gschtältli» geschlüpft, andere haben den Kopf geschüttelt und die Beine steif gemacht, um uns «dummen Touristen» das Leben schwer zu machen. Das Verladen in den zweistöckigen Transportanhänger haben wir dankend Susi und ihrer Kollegin Romy Betschart überlassen.

Jetzt sind wir beim Start der Piste, die Hunde sind alle angebunden, die vier Schlitten stehen parat, und wir stehen im Halbkreis vor Susi und nehmen Instruktionen entgegen. Susi zeigt, wie man sich am Schlitten festhalten muss, wie man den Schneeanker setzt und wieder einholt, und was man tun muss, falls man stürzt. «Auf keinen Fall dürft ihr den Schlitten loslassen, sonst ist er weg. Die Hunde halten nicht an. Sie laufen einfach weiter», bläut sie uns ein. Ich höre zu und nicke, bin mir aber sicher, dass dieser Teil der Info nicht an mich gerichtet ist. Schliesslich bin ich einigermassen sportlich, nicht ungeschickt und vom Velofahren her ganz andere Geschwindigkeiten gewöhnt als die rund 15 Stundenkilometer, mit denen die Hunde unterwegs sind. Es bringt mich auch nicht aus der Ruhe, dass sich die Huskies, kaum eingeschirrt, wie die Wilden benehmen und ganz offensichtlich nur noch eins im Kopf haben: rennen.

Das Projekt in Kürze

  • erlebniswelt Muotathal GmbH
  • Bau von Hütten-hotel
  • Muotathal/SZ

Dann gibt Romy das Zeichen zum Start – und zehn Sekunden später liege ich im Schnee. Den Antritt der Huskies hatte ich wohl ziemlich unterschätzt. Ebenso, dass sie sich keinen Deut um die Routenwahl kümmern. Ich habe noch gemerkt, dass der Schlitten von der Piste abkommt und in Schräglage gerät, dann war es schon zu spät. Vor lauter Schreck habe ich natürlich prompt den Schlitten losgelassen – und sehe vor meinem geistigen Auge mein Gespann schon am Horizont verschwinden. Schwere Bergschuhe hin oder her – noch selten habe ich einen solchen Sprint hingelegt. Tatsächlich gelingt es mir nach ein paar Dutzend Metern, den Schlitten einzuholen und die Hunde zu stoppen. Als ich kurz darauf endlich so unterwegs bin, wie es geplant war, brennen meine Lungen von der Anstrengung. Doch das ist nichts gegen das Brennen meiner Wangen. Mein Kopf muss knallrot angelaufen sein, so peinlich ist mir die Sache.

Das habe ich allerdings schon bald vergessen, denn wenn es mal funktioniert, ist es ein unglaubliches Erlebnis, mit einem Hundegespann durch die Berglandschaft zu flitzen. Da bleibt kein Platz für irgendwelche anderen Gedanken oder Ablenkungen. Auch, dass der Schnee eigentlich etwas zu nass für die Jahreszeit und der Himmel wolkenverhangen ist, stört nicht. Es zählen nur die Hunde.

«Das hören wir von vielen Gästen», sagt Beat Heinzer, Geschäftsführer der erlebniswelt Muotathal GmbH. «Das Arbeiten mit den Hunden ist so ein aussergewöhnliches Erlebnis, dass alles andere in den Hintergrund rückt.» Auch das Wetter und die Schneeverhältnisse, die beim klassischen Wintersport ausschlaggebend sind. Die Erlebniswelt gibt es seit fast 20 Jahren. Damals holte Beats Bruder Carlo zusammen mit drei Freunden ein paar erste Huskies aus Kanada herüber und brachten mit einfachsten Mitteln, viel Enthusiasmus und wenig Fachwissen den Tourismus ins abgelegene Muotathal. Doch die Huskies waren nur der Anfang. Heute gehört zur Erlebniswelt auch ein Restaurant, ein gemütliches Hüttenhotel und eine Wanderakademie. Dem Tal brachten die Pioniere dutzende Arbeitsplätze und einen wichtigen Absatzkanal für lokale Produkte. Und den Gästen unvergessliche Erlebnisse mit den Huskys.

erlebniswelt.ch

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im November 2017

Velotour durch das Muotathal bis zum Pragelpass

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