«Es sind verrückte Monate, die hinter mir liegen. Zuerst wird aus einem Hobby plötzlich ein Beruf, die Pastaproduktion im Keller meines Elternhauses und das Catering ziehen dermassen an, dass ich Nachtschicht auf Nachtschicht einlegen muss. Dann kommen Corona und der Lockdown, alles steht auf der Kippe – und dann erfahre ich Unterstützung und Solidarität ohne Ende und alles dreht sich wieder ins Positive.
Irgendwie passt diese Achterbahnfahrt ganz gut in mein Leben. In den 1980-er Jahren bin ich mit meiner Familie als Primarschüler aus der Deutschschweiz ins Tessiner Bergdorf Breno im Alto Malcantone gekommen. Mein Vater stammt aus Breno. Wie viele Leute waren meine Eltern damals auf dem Aussteigertrip. Da traf es sich natürlich gut, dass ein ungenutztes Elternhaus in einem abgelegenen Bergdorf vorhanden war. Ich hatte eine sehr schöne Jugend hier, auch wenn ich natürlich immer der «Tedesco» blieb. Aber es zog mich schon bald in die Ferne. Ich machte eine Kochlehre, ging ins Ausland. Ich arbeitete in verschiedensten Restaurants in allen möglichen Regionen. Dazwischen aber auch immer wieder mal im Tessin. Ein paar Jahre lang war ich sogar Küchenchef in der Dorfbeiz in Breno. In der Deutschschweiz machte ich dann irgendwann mehr aus Versehen richtig Karriere bei einem grossen Unternehmen, das zahlreiche Kantinen betreibt. In der Zwischenzeit hatte ich meine Frau kennengelernt. In einer Küche in der Deutschschweiz, wo ich eigentlich nur kurz einem Bekannten aushelfen wollte. Ich war so hin und weg von ihr, dass ich mich zuerst in den Finger geschnitten habe – und dann den Aushilfsjob mehrere Jahre beibehielt. Wir haben eine inzwischen 16-jährige Tochter, mit der ich eine sehr enge Beziehung habe.
Das heisst jedoch nicht, dass ich die ganze Zeit zu Hause bin. Ich behielt schon immer die Kontakte zu meinen Freunden im Tessin, bin oft auch nur für einen Abend in den Ausgang hin- und am nächsten Tag dann wieder zurückgefahren. Oder ich blieb ein paar Tage in Breno und wohnte im Haus von meinem Vater. Dort fing ich auch an, in einem Raum im Keller selbst Teigwaren herzustellen. Den Ausschlag hatte meine Tochter gegeben. Sie liebt meine selbstgemachten Gnocchi, und so habe ich mit Experimentieren angefangen und mich auch an Ravioli mit diversen Füllungen herangewagt. Die Grundsätze von damals sind bis heute geblieben: alles handgemacht, alles aus lokalen Zutaten. Irgendwann bekochte ich mal Freunde mit meiner selbstgemachen Pasta und alle waren begeistert. Dann kam mein 40. Geburtstag, und ich wusste, dass ich nochmals etwas Neues anfangen wollte. Also kündigte ich meine Stelle und stieg gross ins Pastabusiness ein. Oder auch nicht so gross. Mein Arbeitsplatz war winzig, und die einzige Maschine war eine Küchenmaschine für den Heimgebrauch, die nach wenigen Wochen wegen Überlastung den Geist aufgab. Mit der Produktion musste ich immer schon kurz nach Mitternacht beginnen. Einerseits, weil die Nachfrage erfreulich anzog, andererseits, weil es gegen Mittag in dem engen Keller so heiss wurde, dass es dem Teig schadete.