Schlemmen unter dem «Spiegel der Argentine»

Mitten in den Bergen wirten: Das war der Traum von Joelle und Martin Deburaux. Vor sechs Jahren übernahmen sie das Hotel Restaurant Miroir d’Argentine. Und machten es zur Adresse für Schlemmer und Bergsportlerinnen zugleich.

Ein alter Holztisch und auf den Stühlen einladend weiche Felle: Der Empfang gleich bei der Eingangstür ist charmant improvisiert. Das Telefon klingelt dezent, aus der offenen Küche erklingt leise eine Backuhr, gedämpftes Stimmengemurmel ist im holzverkleideten Restaurant zu hören. «Das Hotel und Restaurant Miroir d’Argentine zu führen war immer unser Traum», sagt Joelle Deburaux, «wir lieben diesen abgelegenen, wilden Ort, schon seit mein Mann und ich uns kennen. Und das ist nun 17 Jahre her». Dieser Traum ist seit sechs Jahren Wirklichkeit.

Das Miroir d’Argentine liegt auf rund 1400 Metern mitten in einer weitläufigen Alp – der grössten im Kanton Waadt. Sie wird begrenzt von steilen Felsen: Auf der einen Seite erheben sich die imposanten Südwände des Diablerets-Massivs. Und auf der anderen Seite ragt der namensgebende, spiegelglatt wirkende Kalkrücken empor, der «Spiegel der Argentine». Scheint die Sonne direkt darauf, leuchtet der helle Kalk gleissend wie ein Spiegel. Diese rund 450 Meter hohe Felsplatte verhalf der Region schon früh zu einer reichen Alpingeschichte.

Das Projekt in Kürze

  • Hotel und Restaurant
  • Kühlraum, Heizung, Isolation und acht Schlafzimmer erneuert
  • Solalex/VD

Eine Hotel mit zwei Gesichtern

Während im Sommer eine gemütliche Bergbeiz-Atmosphäre herrscht und Gäste auch per Auto anreisen können, sieht es im Winter ganz anders aus. Dann müssen die Hoteliers manchmal zuerst Türen freischaufeln, um überhaupt in die Gebäude zu gelangen. Und die weniger berggängigen Gäste werden samt ihrem Gepäck einmal täglich mit dem Schneetöff vom Sammelplatz weiter unten im Tal abgeholt. Was nur geht, wenn es die Lawinengefahr zulässt.

Fast wie eine zweite Heimat für viele

Für Generationen von Berggängern, Hochzeitsgästen und Familien ist die Alp fast eine zweite Heimat. «Wenn ich auf der Terrasse mit Gästen spreche, dann erzählen mir viele, wie sie schon als Kind mit der Familie hochkamen und es jetzt mit den eigenen Enkeln tun, um ihnen die Schönheit des Ortes zu zeigen», sagt Joelle. Der Ort sei für viele eine Herzensangelegenheit. «Zugleich ist es enorm spannend hier zu wirten, weil wir neben all den Trailrunnern, Mountainbikerinnen, Skitourengängern oder Kletterern auch pikfein angezogene Hochzeitsgäste oder samstägliche Restaurantbesucher haben.» Die kommen nicht nur wegen der Landschaft. Die 13 Gault Millau Punkte locken ebenso.

Zuerst nur Wirte der Berghütte nebenan

Lange hatte es gar nicht danach ausgesehen, dass das junge Paar je hier würde wirten können. «Vor etwa zehn Jahren wollten die betagten Vorgänger des Hotels aufhören und verkaufen», erinnert sich Joelle. «Doch den Verkaufspreis, den sie sich vorstellten, konnten wir unmöglich aufbringen.» Der Zufall half nach. Kurz darauf suchte die Gemeinde Bex für die Berghütte Refuge de Solalex gleich nebenan neue Wirte. Die Deburaux packten die Chance. «Wenn es nicht das Hotel war, so zumindest die Berghütte in Pacht. So konnten wir endlich hier oben sein». Sie renovierten die Massenschläge und richteten einen zweiten Essraum gemütlich ein. Mit doppeltem Erfolg. Die Besucherzahlen stiegen und die Besitzer des Hotels sahen das grosse Engagement des Wirtepaars und deren Respekt für den Ort. Und so fand man sich schliesslich finanziell.

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Arbeitsstellen fürs ganze Jahr geschaffen

In den drei Jahren seit der Schlüsselübergabe hat das junge Paar mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe nicht nur den Gastraum sanft und die acht Zimmer komplett saniert, sowie Wärmepumpe, Solaranlage und einen neuen Kühlraum installiert. Es hat auch den Betrieb auf komplett neue Beine gestellt. Viele Abläufe sind abgestimmt auf den daneben liegenden Betrieb der Berghütte «Cabane de Solalex». Zum Beispiel frühstücken alle Gäste im Hotel, egal wo sie schlafen. So muss nur ein Raum geöffnet werden und es braucht nur ein Team für die Frühschicht. Aber weil zwei Häuser genug Arbeit beim Unterhalt ergeben, können rund 16 Personen ganzjährig beschäftigt werden. Auch das war ein Ziel der beiden. Damit Menschen aus der Region feste Arbeitsplätze erhalten und die Philosophie des Wirtepaars mittragen können. «Nur so können wir den rund 40'000 Gästen jährlich gerecht werden», sagt Joelle, inzwischen auch noch Mutter einer dreieinhalbjährigen Tochter. Die Tage sind sehr lang, und doch kann Joelle den Alltag geniessen. «Ich gehe zum Beispiel zwischendurch mit meiner Tochter zum Bach nebenan», sagt die 37-Jährige, «ein paar Schritte, und schon bin ich komplett weg von allem und mitten in der schönsten Natur. Das ist einfach grossartig.»

Text: Alexandra Rozkosny

Fotos: Yannick Andrea

Erschienen im Januar 2025
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.