Viel mehr als heisse Luft
Vor 10 Jahren konnte in Oey-Diemtigen eine Fernwärmeanlage gebaut werden. Das ist daraus geworden.
Vor 10 Jahren konnte in Oey-Diemtigen eine Fernwärmeanlage gebaut werden. Das ist daraus geworden.
Das Jahrhundertunwetter im August 2005 zog Oey-Diemtigen im Berner Oberland stark in Mitleidenschaft. Der Chirel, ein friedlich anmutender Bergbach, schwoll zu einer reissenden Flut an. Geschiebe und Geröll zerstörten Strassen und Gebäude. Bei rund 50 Häusern waren die Heizungen total beschädigt. Die betroffenen Dorfbewohner machten aus der Flut eine Tugend: Statt die alten Ölheizungen durch neue Modelle zu ersetzen, schlossen sie sich zu einem Wärmeverbund zusammen, um eine mit Holzschnitzeln betriebene Fernwärmeanlage zu bauen. «Es war der richtige Zeitpunkt, um auf Fernwärme umzusteigen», sagt Andres Kunz, Vorstandsmitglied des Wärmeverbunds, rückblickend. «Der Förster der Waldkorporation Diemtigtal hatte uns bereits vor dem Unwetter zu Fernwärme geraten. Aber zu wenige Leute im Dorf waren vorher zu einer so grossen Investition bereit.» Nach dem Unwetter wagte Oey-Diemtigen, unter anderem mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe, das Abenteuer Fernwärme.
Und das Abenteuer ist geglückt. Seit bald zehn Jahren ist die Fernwärmeanlage nun in Betrieb und versorgt 40 Gebäude mit Heizenergie und Warmwasser, darunter auch Schule und Gemeindehaus. Nebst warmen Stuben bringt sie weiteren Nutzen: «Die Fernwärmeanlage hat der Region einen wirtschaftlichen Schub gegeben und Arbeitsplätze geschaffen», weiss Kunz. Nicht nur die Mitarbeiter können sich etwas dazuver-dienen. Auch die lokalen Forstreviere und privaten Waldbesitzer, die seit zehn Jahren einen treuen Abnehmer für ihr Holz haben, profitieren. Ausserdem brauchte es jemanden, der die grossen Mengen Holz zu Schnitzeln verarbeitet.
Um diese Aufgabe zu übernehmen, schlossen sich mehrere Landwirte zu einer Firma zusammen und bauten sich mit dem Häckselgeschäft ein zweites Standbein auf. Rund 2500 Kubikmeter Holzschnitzel – so viel fasst ein olympisches Schwimmbecken – stellt die Firma pro Jahr für die Fernwärmeanlage bereit. Verfeuert werden sie in zwei Öfen. Der grosse heizt von Herbst bis Frühling, der kleine sorgt im Sommer für Warmwasser. Im tiefen Winter laufen beide. «Bisher haben wir noch nicht die volle Kapazität ausgeschöpft», weiss Andres Kunz. «Es ist also noch Luft nach oben, um in Zukunft weitere Haushalte anzuschliessen.»