Viel Rauch, viel Geschmack
Das «Fumoir de Champoz» von Bernard von Bergen ist ein Betrieb der Gegensätze. Hier zeitgemässe Wurstproduktion mit modernen Geräten, dort jahrhundertealte Tradition in der Räucherkammer.
Das «Fumoir de Champoz» von Bernard von Bergen ist ein Betrieb der Gegensätze. Hier zeitgemässe Wurstproduktion mit modernen Geräten, dort jahrhundertealte Tradition in der Räucherkammer.
Dienstag ist Wursttag. Bernard von Bergen ist seit 5 Uhr auf den Beinen, hat zusammen mit seiner Angestellten schon 500 Kilo Rauchwürste und 80 Kilo Schweinsbratwürste produziert. Und dabei ist es noch nicht mal 9 Uhr. Jetzt sind die Merguez an der Reihe. Weil diese so dünn sind, ist das Abfüllen in den Schweinedarm eine heikle Angelegenheit, die Bernard immer selber macht. Daran ändern auch die modernen Maschinen in seinem neuen Verarbeitungsraum nichts. Auch wenn sie
sonst die Arbeit deutlich einfacher und effizienter machen. «Es ist kein Vergleich zu früher», sagt der 47-Jährige. Den neuen Raum hat Bernard mehr oder weniger selbst gebaut. Er konnte das Mobiliar einer Metzgerei, die schliessen musste, sehr
günstig übernehmen. «Neu hätte ich mir all die tollen Maschinen nie und nimmer leisten können.» Der Raum ist nicht nur topmodern eingerichtet, sondern auch hell, gut gekühlt und tipptopp aufgeräumt.
20 Schritte weiter, und man ist in einer anderen Welt. Hier ist alles alt, dunkel, es riecht nach Rauch. «Willkommen im Herzstück des Fumoirs», sagt Bernard. «Hier hat sich seit 300 Jahren nichts geändert.» Langsam gewöhnen sich die Augen an die Dunkelheit, der Blick geht nach oben – und landet im Schlaraffenland für Fleischliebhaber. Von der Decke hängen dicht an dicht Schinken, Speck, Trockenfleisch. Und Würste. Es müssen tausende sein. Bernard schnappt sich eine Astgabel, die an der Wand lehnt, streckt sich und holt geschickt eine mit Würsten behängte Stange herunter. Er wird diese Bewegung heute noch 200 Mal machen. Bis die Räucherkammer leer ist. Und dann nochmals gleich oft, bis die neu produzierten Würste hier hängen. «Am Anfang ist Muskelkater garantiert», lacht er. «Aber man gewöhnt sich dran.»
Bernard hat sich auch an die langen Arbeitstage gewöhnt. Der heutige wird noch viel Wursten, Hin-und-her-Laufen und Aufhängen beinhalten. Dazwischen immer wieder Kunden bedienen, die sich eine halbe Speckseite oder ein paar Räucherwürste direkt aus der Räucherkammer holen kommen, Telefonate erledigen, Lieferungen entgegennehmen, Lieferungen ausfahren. Eine Mittagspause gibt es nicht. Zu Ende ist der Arbeitstag erst gegen 22 Uhr, wenn Bernard in seiner Räucherkammer in den beiden Feuerschalen das Buchenholz anzündet und dann die Flammen abdeckt, damit richtig viel Rauch entsteht.
Nun ist es aber nicht so, dass Bernard jeweils am Dienstag schuftet und den Rest der Woche auf der faulen Haut liegt. Das Einfeuern etwa steht jeden Tag an. Ausnahmslos. Ausserdem beinhaltet sein Betrieb viel mehr als «nur» die Räucherei. Am Montag werden Menüs für die ganze Woche gekocht, vakuumiert und im Kühlraum gelagert. Sie werden an alte Menschen geliefert, aber auch an Firmen, die sie ihren Mitarbeitern zum Zmittag zur Verfügung stellen. Der Mittwoch ist Bernards einziger freier Tag, und von Donnerstag bis Sonntag ist das Restaurant geöffnet. Ja, ein Restaurant gehört auch noch zum Fumoir. Bernard und seine Partnerin Catherine bewirten hier hauptsächlich Gruppen, auf Anmeldung auch Einzelpersonen. Auf der Speisekarte steht natürlich viel Fleisch, aber auch das Käsefondue ist weit herum bekannt. Und eines darf sicher nicht fehlen: etwas Geräuchertes zum Apéro.