Viel Kartenlesen bis zur Alp Sura
Bereits beim ersten Wegweiser, nur etwa 100 Meter oberhalb unseres Hotels «medelina», macht sich unsere mangelhafte Tourenvorbereitung bemerkbar. Welche Richtung stimmt? Unser Ziel heisst «Alp Sura», das wissen wir. Doch um weitere Einzelheiten hatten wir uns nicht gekümmert. Erst nach einem langen Blick auf die Karte finden wir heraus, dass «Crap Stagias» unserer Richtung entspricht. Voller Elan marschieren wir los und folgen einer von verblühten Weidenröschen gesäumten Forststrasse. Ab und zu nehmen wir eine kurze, aber steile Abkürzung durch den Wald. Pünktlich zur Mittagszeit erreichen wir den Grillplatz Stagias auf bereits über 1900 Metern und geniessen unser feines Picknick mit Aussicht ins Tal und auf den Piz Muraun. Später, nach einer Abbiegung, warte ich auf meine zwei Weggefährtinnen. Als nach mehreren Minuten keine von ihnen auftaucht, spielen sich in meinem Kopf bereits Schreckensszenarien ab: Steinschlag, Absturz, Bärenangriff… Doch da tauchen die beiden mit blauen Lippen auf. Die verraten zum Glück sofort, welches «Ungeheuer» sie aufgehalten hat: Riesige Heidelbeeren!
Steckbrief
- Kanton Graubünden
- Projekt Hotel medelina
- Kategorie Wanderung
- Schwierigkeitsgrad Mittel
- Dauer Wanderung 1 4h 45 Minuten
- Dauer Wanderung 2 2h 45 Minuten
Nach 3,5 Stunden Marschzeit sind wir uns einig: Langsam aber sicher sollte sich der Pfad wieder Richtung Curaglia drehen. Doch er schlängelt sich weiter ins Tal hinein. Plötzlich öffnet sich vor uns eine eindrückliche Ebene: Der imposante Medelsergletscher im Hintergrund, der «Rein da Plattas», der sich durch die Ebene schlängelt, weidende Schafherden umgeben von vergilbten Gräsern, Alpenrosen und Heidelbeerstauden. Doch aus einer zweiten Rast wird nichts. Rasch einsetzender Regen treibt uns zur Umkehr und rechtzeitig zurück ins Hotel. Nach einem ausgezeichneten Abendessen mit vielen Zutaten aus dem eigenen Garten, verweilten wir lange in der hauseigenen Bibliothek.
Gemütlich zur Academia Vivian
Am nächsten Morgen – noch die lange Wanderung in den Beinen – wollen wir’s gemütlich angehen. Geplant ist eine kürzere Wanderung zur «Academia Vivian» – ein ebenfalls von der Berghilfe unterstütztes Projekt. Dieses Mal geht es auf die andere Talseite, über eine hölzerne Hängebrücke nach Mutschnengia. Erst in der Mitte der Brücke fällt uns auf, dass die ganze Brücke ja wirklich «nur» aus Holz ist. Mit einem etwas mulmigen Gefühl legen wir die zweite Hälfte um einiges schneller zurück als die erste. Erleichtert folgen wir der asphaltierten Strasse, rekonstruieren unsere Wanderung von gestern auf der anderen Talseite und erreichen so im Nullkommanichts die Academia. Hier oben lädt ein schöner Grillplatz zum Verweilen ein, umgeben von Vogelbeerbäumen, Birken und schmalblättrigen Weidenröschen. Sogar für die mitgebrachte Hängematte finden wir ein geeignetes Plätzchen. Der perfekte Ort, um die Seele baumeln zu lassen…