Holzgeruch und Herzlichkeit

Ferien auf dem Bauernhof gibt es in Château-d’Oex erst, seit Armelle Morier ihre «Chambres d’hôtes» eröffnet hat. Die Gastgeberin schaut zurück.

2007 hat Armelle Morier Nägel mit Köpfen gemacht. Aus dem Schweinestall, der kaum Ertrag abwarf, wurde ein Gästehaus. Der Pioniergeist hat sich ausbezahlt.


Frau Morier, hätten Sie vor 30 Jahren gedacht, dass Sie einmal Gäste auf dem Bauernhof beherbergen würden?

Nein, damals hätte ich auch nicht gedacht, dass ich selber einmal auf einem Bauernhof leben würde. Ich bin in Frankreich in der Bretagne aufgewachsen und habe nach dem Abschluss der Hotelfachschule ein Praktikum hier in Château-d’Oex im Pays-d’Enhaut gemacht. Dabei habe ich meinen Mann kennengelernt – und bin hier geblieben. Ich habe dann viele Jahre in einem Restaurant im Dorf gearbeitet, während mein Mann sich um den landwirtschaftlichen Betrieb kümmerte. Als wir vor gut zehn Jahren Ferien in Frankreich machten, haben wir selber in agrotouristischen «Chambres d’hôtes» übernachtet und waren begeistert von diesem Angebot. So kam uns die Idee mit den Gästezimmern auf dem Hof.

Wie läuft es denn mit Ihren Gästezimmern?

Es läuft sehr gut. Pro Jahr haben wir jeweils zwischen 850 und 1000 Übernachtungen. Über Weihnacht/Neujahr und zu den Sportferien im Februar sind wir oft ausgebucht, von Juni bis Oktober ist ebenfalls viel los. Unser Angebot ist mittlerweile gut bekannt in der Region, und rund ein Viertel unserer Besucher sind Stammgäste. Trotzdem bleibt es eine ständige Herausforderung, immer genug Kundschaft zu haben und einen treuen Kundenstamm aufzubauen.

Welches ist Ihr Erfolgsrezept?

In erster Linie viel Engagement und Herzlichkeit. Ich nehme mir gerne Zeit für die Gäste, verschwinde nicht gleich wieder in die Küche, sondern unterhalte mich beim Frühstück oder Abendessen auch einmal ein Weilchen mit ihnen. Wenn die Gäste um 6 Uhr in der Früh los wollen, dann stehe ich auch auf, um ihnen vorher noch das Frühstück zuzubereiten. Und jedes Mal, wenn ich die Zimmer herrichte, mache ich es so, als stünde der Eröffnungstag bevor. Viele Gäste, die zum ersten Mal kommen, sind erstaunt, dass es uns schon seit bald neun Jahren gibt – sie finden, dass alles wie neu aussieht.

Und wie machen Sie auf Ihr Angebot aufmerksam?

Man muss sich gut vernetzen. Ich habe mich gleich zu Beginn beim Tourismusbüro in Château-d’Oex gemeldet und mich mit dem Heissluftballon-Verein, der sehr viele Besucher anzieht, in Verbindung gesetzt. Seit ein paar Jahren haben wir zudem eine Website. Die beste Werbung ist aber die Mund-zu-Mund-Propaganda der Gäste selbst.

Wer sind Ihre Gäste?

Wir haben ein ziemlich durchmischtes Publikum – Familien, Einzelpersonen, Paare. Viele kommen aus der Region Lausanne und aus Genf. Aber auch Franzosen, vor allem aus dem Elsass, und Belgier sind oft bei uns zu Gast. Viele von ihnen können wir zu unseren Stammgästen zählen, manche buchen sogar ein Jahr im Voraus ein Zimmer.

Beherbergen Sie vor allem Wochenendtouristen oder bleiben die Leute auch länger?

Die Mehrheit unserer Gäste bleibt nur ein, zwei Nächte. Manche verbringen aber auch eine Woche bei uns. Für länger als eine Woche möchten ich die Zimmer eigentlich nicht vermieten. Denn man lebt bei uns schon recht nah beieinander.

Wünschen Sie sich manchmal, dass Sie die Gästezimmer nie gebaut hätten?

Nein, nie. Natürlich ist es viel Arbeit, und man muss sich nach den Gästen richten. Aber ich mache das gerne. Wir haben dadurch auch viele Freundschaften geschlossen. Demnächst fahren wir eine Woche nach Frankreich, um Gäste von uns zu besuchen. Ausserdem sind die Gästezimmer für uns finanziell ein wichtiges zweites Standbein geworden – wir verdienen damit mehr als mit der Milch unserer 20 Kühe. Das ist eigentlich traurig. Aber natürlich freut mich der Erfolg unserer «Chambres d’hôtes».

Welches ist das schönste Kompliment, das Sie von Ihren Gästen bekommen haben?

Ich höre von den Gästen immer wieder, wie wohl sie sich bei uns fühlen. Die Zimmer sind komplett mit Holz ausgekleidet, das gefällt den Leuten. Viele sagen, dass sie den Holzgeruch sehr mögen. Und dass sie die Einfachheit schätzen.

Und gibt es ein Erlebnis, an das Sie sich gerne zurückerinnern?

Ich werde nie das Ehepaar vergessen, das drei Wochen nach der Eröffnung bei uns zu Gast war. Der Mann wollte seine Frau überraschen und hatte ihr nicht verraten, wo sie das Wochenende verbringen würden. Als sie dann auf dem Hof ankamen und ausstiegen, war die Dame zwar überrascht, aber alles andere als begeistert. Sie hatte wohl etwas weniger rustikales erwartet und wollte nicht bleiben. Das war für mich natürlich eine unangenehme Situation. Ich habe mir das nicht anmerken lassen und fing an, der Dame unsere Geschichte zu erzählen, wie wir den Schweinestall zu einem Bed & Breakfast umgebaut haben. Ich hatte damit ihr Interesse geweckt und im Verlauf unserer Unterhaltung schlug ihre Abneigung in Begeisterung um. Die beiden bezogen dann doch noch ihr Zimmer und der Ehestreit war geschlichtet.

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