«Ich trinke zwischen 15 bis 20 Kaffees pro Tag»

Willy Zemp ist leidenschaftlicher Kaffee-Sommelier, «Coffeologe» und Barista. In seiner Rösterei in Doppleschwand verarbeitet er Kaffeebohnen von Produzenten aus der ganzen Welt. Mit herkömmlichem Kaffee kann er aber nichts anfangen: In seine Röstmaschine schaffen es nur Raritätenbohnen bester Qualität.

Es ist ein Mix zwischen rauchigen und nussigen Duftnoten, die einem beim Betreten von Willy Zemps Kaffeerösterei in Doppleschwand in die Nase steigen. Der Geruch kommt aus dem Keller. Dort lagert und röstet Willy nämlich seine eigenen Kaffeesorten: «Entlebucher Schwarzes», «Berg der Seelen» oder «Lucha Libre». Das sind drei der neun Kaffeekreationen, die Willy in seiner Rösterei herstellt und in die ganze Schweiz verkauft. «Möchtest du einen Kaffee?», fragt Willy mit einem leicht rhetorischen Unterton. Denn kaum jemand besucht Willy in seiner Rösterei, ohne von seinem Kaffee probiert zu haben. Sogleich bringt er seine Profi-Maschine auf Betriebstemperatur und bereitet das gemahlene Kaffeepulver im Kolben vor – Schritt für Schritt, fast wie ein Ritual. «Einen Kaffee, egal ob Espresso oder Café Crème, musst du immer rühren. Nur so entfalten sich die Aromen», sagt Willy. Während wir gemeinsam unseren Kaffee schlürfen, erzählt er viel über die Welt des Kaffees. Zum Beispiel, dass es weltweit über 100 verschiedene Kaffeepflanzen gibt, davon aber nur zwei die Märkte dominieren – Arabica und Robusta. Er selbst interessiert sich für die Raritäten: «Beim Wein zum Beispiel kennt man Jahrgang und Herkunft der Traube ganz genau. Beim Kaffee wissen das die meisten nicht. Dabei gibt es auch hier so viele Unterschiede – das fasziniert mich».

Vom Wein zum Kaffee

Willy ist bereits seit 20 Jahren im Kaffeegeschäft tätig. Aufgewachsen im Eigental im Kanton Luzern, zog er als 14-Jähriger zusammen mit seiner Familie ins Wallis. Dort machte er eine Lehre als Kaufmann und liess sich später zum Winzer ausbilden. Nach einigen Jahren als Winzer in der eigenen Weinkellerei in Salgesch kam dann der Wechsel in die Kaffeebranche: «Das passierte eigentlich rein zufällig. Ich bekam ein Angebot von einer Kaffeerösterei, und seither hat mich der Kaffee nicht mehr losgelassen», sagt Willy. Seine Weinkellerei hatte er darauf hin verkauft – zu hoch wären für ihn die finanziellen Hürden gewesen. «Es fiel mir damals nicht leicht, meine Weinkellerei zu verkaufen. Aber es war die richtige Entscheidung und ebnete mir den Weg in die Welt des Kaffees». Willy arbeitete danach in verschiedenen Röstereien, absolvierte in diesem Bereich eine Ausbildung nach der anderen und machte sich schliesslich vor zehn Jahren selbstständig. Damals war er nebenher noch zu 80 Prozent angestellt. Seinen ersten Produktionsstandort hatte Willy in seiner Heimat im Eigental, bevor es ihn 2020 nach Doppleschwand ins Entlebuch zog, wo seine familiären Wurzeln liegen. Heute arbeitet er zu 80 Prozent in der eigenen Rösterei und die restlichen 20 Prozent als Lebensmittelingenieur.

Alles rund ums Thema Kaffee

In seiner Rösterei in Doppleschwand bietet Willy Zemp regelmässig Kurse und Workshops zum Thema Kaffee an. Weitere Informationen finden Sie auf seiner Website.

Mit Geduld zum vollen Aroma

Nun geht es hinunter in den Keller zu den Kaffeebohnen. Sie stammen unter anderem aus Honduras oder Nepal. Seinen Kaffee bezieht Willy von einer Handvoll Kaffeeproduzenten aus der ganzen Welt. Diese pflanzen ihre Raritätenbohnen auf kleinen Parzellen an und pflücken sie meist von Hand. Dadurch ist die Qualität gegenüber Massenware deutlich höher: «Ich kann genau sagen, wo meine Bohnen herkommen und habe immer die Kontrolle über die Qualität. Bei den allermeisten Bohnen, die in den Läden verkauft werden, weiss man das nicht. Da werden zum Beispiel Bohnen aus ganz Südamerika zusammengemischt», erzählt Willy. Bevor er seine Raritätenbohnen röstet, kommen sie nach der Ankunft bei ihm im Entlebuch noch für rund zwei Monate in ein Eichenfass. Dort können sie ruhen und regulieren durch das Holz ihre Feuchtigkeit. «Das ist wichtig für eine gleichmässige Röstung und hilft bei der aromatischen Reifung.»

Nach der Reifung kommen die Bohnen in die Röstmaschine. Dort werden sie bei etwa 200 Grad langsam und in kleinen Mengen geröstet. «Industriell gerösteter Kaffee ist meist zu schnell und zu heiss verarbeitet», erklärt Willy. «Das zerstört viele der feinen Aromen». Immer wieder kontrolliert der 41-Jährige den Röstverlauf. Sobald die Bohnen den gewünschten Farbton und Duft erreicht haben, beendet er den Prozess. Danach kühlen die Bohnen ab und ruhen einen Moment, bevor sie abgepackt und in den Verkauf gehen. Zu Willys Kunden gehören vor allem Restaurants in der Region, Verkaufsläden und private Kunden. Für erstere kreiert er auch eigenen Kaffee – abgestimmt auf ihre Philosophie und Wünsche. Auf die Frage, welches sein Lieblingskaffee sei, kommt keine eindeutige Antwort: «Das hängt ganz von der Tageszeit ab. Ich trinke etwa 15 bis 20 Kaffees pro Tag und mag vom schaumigen Cappuccino bis zum Filterkaffee alles. Hauptsache der Kaffee ist hochwertig und die Zubereitung stimmt.»

Text und Bilder: Lukas Ziegler

Erschienen im September 2025

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