Süss-saure Entdeckung
Im Entlebuch wächst eine Frucht, die es nur hier gibt.
Im Entlebuch wächst eine Frucht, die es nur hier gibt.
Sie sieht aus wie eine zu klein geratene Zwetschge: Das Zyberli. Die Frucht gibt es in der Schweiz nur an einem Ort, nämlich in der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Aus der süss-sauren Frucht entstehen Schnäpse, Liköre und sogar Pralinées.
Jahrhunderte hatte das Ziberli sich an die sonnigen Hänge und das raue Klima des Entlebuchs angepasst, dann war es fast aus der Landwirtschaft verschwunden. Dank der Neugier und Experimentierlust des Bio-Bauern Franz Koch wächst das Ziberli wieder im Entlebuch. Es existiert in einer blauen oder einer eher gelben Variante.
Vreni Zinniker hat sich darauf spezialisiert, das Zyberli zu veredeln. Aus den blauen Zyberli stellt sie den «Talherren-Likör» her. Nach der Ernte legt sie die Früchte in ein Fass und lässt sie mehrere Wochen ruhen. Die daraus entstandene Maische bringt sie dann zum Brenner, der daraus den «Echt Entlebucher» Zyberlischnaps destilliert. In diesen Schnaps gibt Vreni anschliessend ganze Zyberli samt Kernen. «Das ergibt ein ganz besonderes Aroma.» Nach einer langen Lagerung über Monate sowie einem aufwändigen Verarbeitungs- und Filtervorgang ist der Likör schliesslich fertig. «Der Likör besticht durch seine intensive Farbe und ist wirklich etwas Spezielles», sagt Vreni Zinniker. Man kann ihn pur geniessen oder auch über Glacé träufeln. Mit seinen 16 Volumenprozent Alkohol ist der Likör zudem recht tückisch. «Er ist sehr süffig, da sollte man vorsichtig sein», meint Vreni lachend.
Den Likör, den gibt es nicht nur dank Vreni, sondern eben auch dank Franz Koch. «Ich hatte schon immer Freude an meinen Fruchtbäumen», erzählt der 65-Jährige. Aber Lust auf etwas Neues, das hatte er auch. So liess der Bio-Bauer vor fast 20 Jahren in Romoos durch die Genossenschaft Zyberliland 40 Bäume anpflanzen. «Das Zyberli braucht viel Sonne, weil die Frucht sehr langsam reift», erklärt Franz Koch. Er selbst hingegen brauchte am Anfang vor allem eins: Geduld. Denn junge Bäume müssen fünf Jahre alt werden, bis sie die ersten Früchte tragen. Seither kann der Bergbauer von jedem Baum pro Jahr 10 bis 15 Kilogramm ernten.
Gegen Ende Oktober, sobald die Zyberli ihre Reife erreicht haben, breiten Franz Koch und seine Helfer Planen unter den Bäumen aus. Anschliessend werden die Früchte durch Schütteln von den Ästen gelöst. Dabei fallen jedoch auch viele Blätter und Zweige herunter, weshalb die kleinen, blauen Zyberli sorgfältig von Hand herausgesammelt werden müssen. Diesen zusätzlichen Aufwand nimmt der Bergbauer jedoch gerne in Kauf, denn er schätzt das Zyberli sehr: «Die Frucht ist weder zu sauer noch zu süss – einfach genau richtig.»