Alles aus einer Hand

Stéphane Oester verarbeitet das Fleisch seiner Tiere direkt in seiner Hofmetzgerei. Sein Spezialität: Rauchwürste.

Im Stall seines Bauernhofes im Berner Jura zieht Stéphane Oester Kühe und Schweine auf. In der Metzgerei gleich nebenan verarbeitet er das Fleisch der Tiere. Und nach Renovationen am Wohnhaus wird der gelernte Metzger und Landwirt zusammen mit seiner Familie auch wieder auf dem Hof leben können.

«Eine Zweitausbildung ist nie vergebens. Das hat unser Vater früher immer gesagt. Ich habe fünf Geschwister und es ist lange nicht klar gewesen, wer einmal den Hof übernehmen würde. Also habe ich zwei Ausbildungen gemacht: eine zum Landwirt und eine zum Metzger. Nach den beiden Lehren fing ich an, bei meinem Vater auf dem Hof zu arbeiten. Weil es dort nicht genug Arbeit für zwei Landwirte gibt, bin ich immer auch zur Hälfte als Metzger tätig gewesen. 2008 konnte ich beide Arbeiten vereinen, als ich meine eigene Metzgerei auf dem Hof eröffnet habe. Zuerst habe ich nur das Fleisch unserer eigenen Tiere verarbeitet, später immer öfter auch das von anderen Bauern in der Umgebung. Mittlerweile schlachte ich durchschnittlich jede Woche zwei unserer Rinder in der Schlachterei in Moutier und alle zwei Wochen fünf Schweine. Im Sommer auch Hühner. Dazu kommen in der Regel pro Woche zwei Rinder von anderen Bauern. Nach dem Schlachten bringen wir die Rinder- und Schweinehälften auf den Hof und verarbeiten sie hier weiter. Inzwischen sind wir bis zu vier Leute in der Metzgerei. Ich bilde eine Lehrtochter aus. Und drei Metzger springen auf Abruf ein, je nachdem, wie viel wir zu tun haben.»

Räuchern wie anno dazumal

«Unsere Spezialität sind geräucherte Produkte. Nicht weit von hier steht ein Bauernhaus von 1535 mit einer Räucherküche. Dort räuchern wir Würste, Speck und Schinken wie früher. Das ist nicht wie bei industriellen Öfen, wo das Fleisch nach zwei Stunden fertig ist. Unsere Würste brauchen etwa einen Monat, bis sie essbereit sind, Speck und Schinken etwa zwei. Jeden Morgen wird im kleinen Ofen in der Mitte der Räucherküche ein Feuer gemacht. Früher habe ich mit Zetteln vermerkt, wann ich die Waren aufgehängt habe, aber das Fleisch braucht nicht immer gleich lange. Man merkt nur beim Anfassen, ob es fertig ist. Die Leute mögen es, dass wir hier noch auf die ursprüngliche Weise Räucherfleisch herstellen. Dieses Traditionelle, das suchen heute viele. Und gerade ältere Kunden sagen uns, dass unsere Räucherprodukte sie an früher erinnern. Nur bei uns seien Geruch und Geschmack noch so intensiv wie damals.»

Das Projekt in Kürze

  • Bergbauer und Metzger
  • Renovation Bauernhaus
  • Grandval/BE

«Letztes Jahr habe ich den Bauernhof meines Vaters übernommen. Schon mein Grossvater war Landwirt, er hat in den 1950er-Jahren das Haus in Grandval gebaut. Es macht mich stolz, die Familientradition weiterzuführen. Meine Eltern sind letzten August ausgezogen und wohnen jetzt in einem kleinen Haus im Dorf. Meine Frau Esther und ich leben mit unseren Kindern Emma und Tom im Moment auch noch in einer Wohnung dort unten. Ich muss jeden Tag mit dem Auto zum Hof hochfahren. Schon bald werden wir aber zurück ins Bauernhaus ziehen. Bis dahin wird es renoviert. Es ist schlecht isoliert und die Wasser- und Heizungsleitungen müssen erneuert werden. Wir sind sehr froh, dass uns die Schweizer Berghilfe bei diesen Arbeiten finanziell unterstützt. Ohne diese Hilfe wäre uns wohl nichts anderes übrig geblieben, als in Etappen zu renovieren. Aber das wäre aufwendig und insgesamt auch teurer gewesen. Auch die Zeit lief uns davon, denn aus der Wohnung im Dorf müssen wir Ende März ausziehen. Ohne Berghilfe wäre es schwierig geworden.»

Regionale Produkte im Abo

«Wenn wir erst hier wohnen, wird vieles einfacher. Dann ist wieder rund um die Uhr jemand in der Nähe des Viehs, und ich kann besser für die Kunden da sein, die auf dem Hof Fleisch kaufen möchten. 2011 habe ich mich mit vier Landwirten zu einer Kooperation zusammengeschlossen. «Les saveurs de nos pâturages» bietet Fleisch und Bio-Gemüse aus der Region an. Man kann bei uns im Abo bestellen, dann kriegt man jeden Monat ein Paket mit frischen Waren aus der Gegend. Ausser Gemüse und Fleisch verkaufen wir auch Joghurt, Käse oder Konfitüren. Regionale Herstellung ist mir sehr wichtig und ich will bei der Produktion meiner Waren möglichst autonom sein. Meine Kunden wollen genau wissen, woher die Produkte stammen. Und ich werde ihnen bald sagen können, dass alles, was sie von mir kaufen, komplett auf meinem eigenen Hof hergestellt worden ist.»

boucherdecampagne.ch

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im März 2015

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