Alte Schale, neuer Kern

Der Stall von Familie Gisler ist über 120 Jahre alt. Historisch schützenswert zwar, aber denkbar unpraktisch.

Über eine unspektakuläre Aussicht können sich Bernhard und Saskia Gisler nicht beklagen. Ein Hingucker ist auch der historische Stall. Doch ohne eine Modernisierung des Betriebs hätte die junge Bauernfamilie hier keine Zukunft gehabt.

«Das ist Uliana, meine Lieblingskuh», sagt die kleine Amelie und streichelt dem gutmütigen Rindvieh über die feuchte Nase. Neugierig strecken Uliana und ihre Kolleginnen die Köpfe aus der Schiebetür des neuen Laufstalls, den Gislers letzten Sommer an das bestehende Gebäude angebaut haben. «Bald könnt ihr hier raus- und reinspazieren», meint Amelie. Noch fehlt der Auslauf. «Den werden wir im Frühling fertigstellen. Letzten Sommer sind wir nicht mehr dazu gekommen», sagt Bernhard Gisler.

Es ist eine Modernisierung in Etappen. Anders wäre es kaum möglich bei den vielen Aus- und Umbauschritten, die nötig sind, um den historischen Stall für einen zeitgemässen landwirtschaftlichen Betrieb zu rüsten. Vor rund 120 Jahren vom Kloster Einsiedeln erbaut, sticht der Stall schon von Weitem mit seiner schmucken Holzverkleidung ins Auge. So schön der Stall von aussen aussieht, so unpraktisch war er im Innern. «Kein Heukran, keine Melkanlage, kein Mistschieber», fasst es Bernhard zusammen. Und das bedeutet: «Sehr viel Handarbeit.»

Fast 30 Jahre lang hat sein Vater den Betrieb als Pächter bewirtschaftet. 2013 hat Bernhard übernommen. «Es war klar, dass wir um eine Modernisierung nicht herumkommen.» Das historische Stallgebäude, das Gislers im Baurecht übernehmen konnten, steht unter Ortsbildschutz. Ein Abbruch und Neubau war damit vom Tisch. Und ein Umbau nicht ganz einfach. Neben den Ortsbildschutzauflagen galt es auch auf die Wünsche des Klosters Rücksicht zu nehmen. Das machte alles etwas komplizierter. «Wir konnten den Anbau zum Beispiel nicht mit Wellplatten aus Kunststoff decken, sondern mussten Ziegel verwenden», erzählt Bernhard. «Und damit der Anbau nicht so auffällt, haben wir ihn im gleichen Stil mit Holz verkleidet wie den alten Gebäudeteil.» All dies hat den Umbau um einiges teurer werden lassen, als es sich Gislers leisten konnten. «Zum Glück hat uns die Schweizer Berghilfe unterstützt.»

Das Projekt in Kürze

  • Bauernfamilie
  • Umbau eines Kuhstalls
  • Einsiedeln/SZ

Auch wenn in den Wintermonaten keine Bauarbeiten anstehen, liegen Gislers nicht auf der faulen Haut. Bernhard nutzt die Zeit, den Heuboden im neuen Gebäudeteil mit Innenwänden auszukleiden. «Und wir üben mit dem neuen Heukran», sagt Saskia schmunzelnd. «Bernhard gibt mir Fahrstunden.» In der Heusaison muss auch die junge Mutter, die Teilzeit bei der Spitex arbeitet, auf dem Betrieb mit anpacken. «Wenn der Stall fertig umgebaut ist, wird vieles leichter gehen.» Auf dem Hof zumindest. Im Hause Gisler wird aber erst einmal noch mehr Arbeit anfallen – Aurelie, Amelie und Laurin bekommen nämlich bald ein Geschwisterchen.

Text und Bilder: Isabel Plana

Erschienen im März 2017
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.