«Beim Abbrechen sind wir immer dabei»
Einmal pro Jahr leisten die Lehrlinge des Industriebetriebs Reishauer aus Wallisellen einen Arbeitseinsatz im Berggebiet.
Einmal pro Jahr leisten die Lehrlinge des Industriebetriebs Reishauer aus Wallisellen einen Arbeitseinsatz im Berggebiet.
Dieses Jahr packen die Lehrlinge der Firma Reishauer im Rahmen des alljährlichen Lehrlingslagers in Luchsingen im Glarnerland bei einer Wohnhaussanierung mit an.
Die Lamas von Familie Barbüda schauen etwas kritisch über ihren Zaun. Aus dem Wohnhaus tönt Geschepper, Krachen, Lachen und Geschrei. Junge Leute tragen Balken und Türen an ihrem Gehege vorbei, aus einem Fenster fliegt immer wieder Bauschutt in eine bereitstehende Mulde. Barbüdas sanieren ihr Wohnhaus. Doch zuerst muss die alte Wohnung ausgehöhlt werden. Bei den strengen Abbrucharbeiten erhalten Barbüdas wertvolle Hilfe aus dem Unterland. 14 Lernende aus dem ersten Lehrjahr der Firma Reishauer in Wallisellen verbringen hier ihr Lehrlingslager. Eine Woche lang wohnen sie in einer Skihütte in der Nähe und gehen Barbüdas gemeinsam zur Hand. Bei der Arbeit auf der Baustelle packen sie kräftig mit an und lernen nebenbei einander und ihre Ausbildner besser kennen. «So ein Arbeitseinsatz schweisst zusammen», sagt Raymond Schneider. Er muss es wissen, schliesslich begleitet er seine Lehrlinge schon seit 30 Jahren ins Lager. Koordiniert werden diese Einsätze traditionell von «bergversetzer», der von der Schweizer Berghilfe finanzierten Organisation für Arbeitseinsätze im Berggebiet. «Wir haben schon viele verschiedene Arbeiten gemacht», sagt Raymond. «Aber Abbrechen ist am besten. Da können die Jungs richtig Energie ablassen. Dafür sind wir immer zu haben.»
Es kommt aber nicht nur auf die Art der Arbeit an. Wichtig ist auch, dass alles gut vorbereitet ist und die Lehrlinge nicht rumstehen und warten müssen. Christian Barbüda bekommt da Bestnoten vom Lehrlingsverantwortlichen: «Er gibt klare Anweisungen, hat alles nötige Material bereit. Und er ist die ganze Zeit selbst auf der Baustelle. Besser gehts nicht.»
Den Jugendlichen selbst sind diese organisatorischen Details egal. Sie geniessen die Abwechslung zum Berufsalltag und zeigen trotz einsetzendem Muskelkater auch am dritten Tag noch vollen Einsatz. Einige von ihnen kennen das Berggebiet von den Ferien, für andere ist es eine völlig neue Erfahrung, nur schon ein paar Tage ausserhalb der Agglomeration zu verbringen. «Es ist schön, aber ich bin froh, muss ich nicht hier leben», sagt einer. «Die Leute sind alle sehr nett. Und ich finde es eindrücklich, wie viel Christian und seine Frau Barbara selbst machen auf ihrer Baustelle», findet ein anderer.
Auch wenn die Arbeit streng und nicht immer lustig ist: Der Arbeitseinsatz wird den Jungen lange in guter Erinnerung bleiben. Und damit auch das Berggebiet. Das weiss Fabian Bucher, Koordinator bei «bergversetzer», aus Erfahrung. «Bei einem Arbeitseinsatz im Berggebiet gewinnen alle», sagt er. Die Jugendlichen bekommen ein unbezahlbares Erlebnis, die Bergbevölkerung wird ein Leben lang auf deren Verständnis und Solidarität zählen können. Und der Auftraggeber kann Arbeiten ausführen, für die ihm sonst das Geld fehlen würde. Christian Barbüda nennt sogar Zahlen: «Eine Baufirma hat mir die Abbrucharbeiten für mehrere zehntausend Franken offeriert. Das hätten wir uns schlicht nicht leisten können.» Die Reishauer-Lehrlinge haben also mit ihrem Einsatz für Familie Barbüda bereits Berge versetzt. Und dies bei den Bergen von Bauschutt, die sie aus dem Haus herausgetragen haben, nicht mal nur bildlich gesprochen.