Beim zweiten Anlauf muss es klappen

Bike-Vergnügen für viele statt Mutprobe für wenige. Das verspricht die Neugestaltung der ehemaligen Downhill-Piste im kleinen Skigebiet Nara im Bleniotal.

An einigen Stellen ist die alte Strecke noch zu erahnen: ein steiler, ausgewaschener Weg mit grossen Felsbrocken mittendrin. Mehr Bachbett als Pfad. Sie wurde vor gut zehn Jahren von lokalen Mountainbikern gebaut. Diese konnten schnell den Berg herunterfahren und über eindrückliche Schanzen springen, aber vom Trailbau hatten sie nicht viel Ahnung, wie sich rasch herausstellte. Bei jedem Regenguss wurde die Strecke, die schon von Anfang an nur für technisch versierte Biker fahrbar war, schwieriger. Bald wurde sie kaum noch benutzt. ür die «Amici di Nara» eine sehr unbefriedigende Situation. Die AG, die mit einer Handvoll Angestellten und einem ehrenamtlich arbeitenden Verwaltungsrat als Leitung das kleine Skigebiet am Leben hält, braucht zusätzliche Gäste in den Sommermonaten, um die geringeren Schneemengen im Winter auszugleichen. Am Skigebiet hängen nicht nur die Stellen der Angestellten. Auch ein Restaurant und eine Pisten-Bar sowie verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten sind auf die Gäste der Bergbahnen angewiesen.

Das Projekt in Kürze

  • Mehrtägige Bergtour
  • Biwak
  • Malvaglia/TI

Diesmal Profis engagiert

Also beschlossen die Verantwortlichen, der Idee, mit Bikern dem Sommergeschäft Auftrieb zu geben, nochmals eine Chance zu geben. «Diesmal holten wir uns aber Hilfe von einem Profi», sagt Verwaltungsrat Michele Genucchi. Der Profi, das ist Marco Steiger. Er ist selbst begeisterter Mountainbiker und betreibt in Bellinzona eine Firma, die sich mit allen Aspekten des Bike-Tourismus beschäftigt. Er bekam den Auftrag, aus den Ruinen der alten Piste eine neue Strecke entstehen zu lassen, die für ungeübte Biker befahrbar ist, aber auch Könnern viel Spass bietet. Lange vor Baubeginn bedingte das zuerst einmal viel diplomatisches Geschick und Fingerspitzengefühl. «Ich musste die Landbesitzer, die Bürgergemeinden und die Landwirte davon überzeugen, dass es diesmal funktionieren wird», erzählt Marco. Das hat er geschafft. Und an diesem Frühsommertag schwingt er sich selbst auf das Bike, um die fast fertige Strecke zu besichtigen und mit den Arbeitern letzte offene Fragen zu klären.

Der Trail

In 63 Kurven schlängelt sich der neue Bike-Trail im Skigebiet Nara im Bleniotal von der Berg- zur Mittelstation hinunter. Auch viele Sprünge in verschiedenen Schwierigkeitsstufen warten auf Bikerinnen und Biker. Bei den meisten Hindernissen gibt es drei verschiedene «Lines»: einfach, mittel und schwierig. Um von der Mittelstation ins Tal hinunterzufahren, gibt es verschiedene spannende, markierte Möglichkeiten auf dem normalen Wanderwegnetz.

Trail fügt sich Landschaft ein

Mit dem Bau beauftragte Marco eine spezialisierte Firma aus der Deutschschweiz, die mit einem lokalen Bauunternehmen zusammenspannte. Die Teams haben während eines halben Jahres ganze Arbeit geleistet. Was auffällt: Der neue Trail fügt sich sehr gut in die Umgebung ein. «Wir haben nur vorhandenes Material verwendet und die Linienführung den topografischen Gegebenheiten angepasst», sagt Trailbauer Mitch Prantl, der gerade dabei ist, die Neigung der Landung hinter einem Sprung anzupassen. Auch der Entwässerung haben er und seine Kollegen viel Beachtung geschenkt. Dort, wo der Untergrund besonders feucht ist, besteht der Trail stellenweise aus Steinplatten und erinnert somit an einen alten Säumerpfad.

«Ich kann es kaum erwarten, bis der Trail endlich fertig ist und ich ein erstes Mal ohne Unterbrüche runterfahren kann», sagt Marco. Er sei aber auch froh, dass noch ein paar Wochen Zeit sind bis zur Eröffnung. «Es gibt noch einiges zu tun. Aber dann wird Nara einen Trail besitzen, auf den man stolz sein kann.» Damit das auch in Zukunft so bleibt, haben die «Amici di Nara» extra eine neue Teilzeitstelle geschaffen. Jemand wird fix für den Trail zuständig sein, den Unterhalt sicherstellen und dafür sorgen, dass sich bei den Bikern herumspricht, dass sich eine Reise ins Bleniotal lohnt. So werden es im zweiten Anlauf hoffentlich doch noch die Biker sein, die dem kleinen Skigebiet eine Zukunft ermöglichen.

nara.ch

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im September 2024

Die Unterstützung

Beim Bau des neuen Bike-Trails im Bleniotal half die Berghilfe finanziell mit.
Was Sie tun können
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.