Brot und Käse um fünf Uhr in der Früh einkaufen

In Guttannen haben die Bewohnerinnen und Bewohner den Dorfladen mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe auf neue Beine gestellt. Seit Mitte Januar hat er dank eines digitalen Systems 24 Stunden am Tag geöffnet. Mit Erfolg. Im Laden hört man seither neben Bärndüütsch auch Züridüütsch, Französisch oder sogar Arabisch.

«Dass der Laden 24 Stunden offen ist, hat sich herumgesprochen», sagt Urs Zuberbühler. Er ist Präsident der Genossenschaft. «Wir haben hier auch oft Gäste auf der Durchreise. Da hört man im Laden manchmal nur noch arabisch. Und die Jungen von Meiringen kommen hierher nachts Chips einkaufen. Nach 22 Uhr hat einfach alles zu im Haslital.» Urs beobachtet auch, dass selbst die Guttannerinnen und Guttanner es schätzen, dass sie am Morgen vor der Arbeit oder auch spät am Abend den Tageseinkauf erledigen können.

Digitale Helfer für effizienten Betrieb

Urs kümmert sich vorwiegend ehrenamtlich darum, dass es von den richtigen Produkten genug im Laden hat. Gerade ist er dabei, mit einer App die Codes bei den Produkten zu scannen, um sie online nachzubestellen. Die App ist einer der kleinen, wichtigen Bausteine, damit der Laden selbsttragend wird. Der andere, grössere: Ein Kassensystem, das man mit zwei Klicks auf dem Bildschirm so umstellen kann, dass Kundinnen und Kunden ihre Waren direkt selbst scannen und mit Karte bezahlen können. «Das System ist so einfach, dass sogar ich das sofort begriffen habe», lacht Carolyn. Sie ist seit eine der drei angestellten Verkäuferinnen und die «Frau für alle Fälle». Gerade scannt sie den Warenkorb einer älteren Kundin, zwei jüngere Paare stehen schon an.

Das Projekt in Kürze

  • Dorf-Genossenschaft
  • Einrichtung Dorfladen
  • Guttannen/BE

Nur an fünf Stunden am Tag bedient

Bedient ist der Laden nur drei Stunden am Morgen und zwei am Nachmittag. Den Rest der Zeit können die Menschen – beobachtet von Kameras – selbst im Laden einkaufen und bezahlen. Hinzu kommt eine Tür, die nach 19 Uhr automatisch schliesst. Wer dann einkaufen will, muss beim ersten Mal Handynummer und Namen angeben. Das System schickt einen Code, mit dem sich die Tür öffnen lässt. Auch das: kinderleicht zu bedienen. «Es kommen auch tatsächlich Dorfkinder allein, um für die Familie noch etwas einzukaufen», bestätigt Carolyn. Und Urs weiss, dass sogar die ältesten Bewohnerinnen und Bewohner inzwischen auch mal in den unbedienten Zeiten einkaufen.

Ein Laden von und für Guttannen

«Vor eineinhalb Jahren wurde klar, dass Prima den Laden schliessen wird», sagt Urs, «da gründeten wir eine Genossenschaft. In dieser sind praktisch alle Bewohnerinnen und Bewohner von Guttannen dabei. Denn das Ziel der Aktion war klar: Wir wollten einen Laden von und für Guttannen. Die Menschen hier sollen mitbestimmen, was es im Laden zu kaufen gibt.» Gleichzeitig ist es der Genossenschaft wichtig, dass die Produkte möglichst aus der Region stammen. «Wir haben darum über 28 Lieferanten, das war am Anfang nicht so einfach zu handhaben», sagt Urs. Er ist wie die anderen beiden Leiterinnen des Ladens ein kompletter Anfänger im Detailhandel. «Zum Glück wussten wir nicht ganz genau, was da auf uns zukommen würde. Es ist noch ein etwas aufwändiges Hobby. Aber inzwischen hat sich vieles eingeschliffen, es wird einfacher.»

Kaffeecke und Poststelle dazu

Die Dorfbewohner wünschten sich – neben der Poststelle – auch eine Kaffee-Ecke. Denn auch das fehlte in Guttannen: Ein unkompliziert erreichbarer Ort, um kurz mal zusammen zu sitzen. «Um zehn Uhr morgens kommen oft Leute hierher», erzählt Urs und zeigt auf einen kleinen Tisch und die Kaffeemaschine daneben, «das wusste auch der alte Pfarrer. Er sagte mir mal: In die Kirche kommen die Leute nicht unbedingt, aber hier habe ich auch alle beieinander.» Und so sass er dann da mit allen und hatte regen Austausch.

Text und Bilder: Alexandra Rozkosny

Erschienen im September 2024

Möchten Sie auch unterstützen?

Ohne Unterstützung würden viele Kleinbetriebe in den Bergen eingehen. Wir setzen uns dafür ein, dass Käser und Bäuerinnen, Beizerinnen und Schreiner in ihre Zukunft investieren können. Helfen Sie mit, die Schweizer Berggebiete bewohnbar und lebendig zu erhalten.
Was Sie tun können

Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.