«Dass der Laden 24 Stunden offen ist, hat sich herumgesprochen», sagt Urs Zuberbühler. Er ist Präsident der Genossenschaft. «Wir haben hier auch oft Gäste auf der Durchreise. Da hört man im Laden manchmal nur noch arabisch. Und die Jungen von Meiringen kommen hierher nachts Chips einkaufen. Nach 22 Uhr hat einfach alles zu im Haslital.» Urs beobachtet auch, dass selbst die Guttannerinnen und Guttanner es schätzen, dass sie am Morgen vor der Arbeit oder auch spät am Abend den Tageseinkauf erledigen können.
Digitale Helfer für effizienten Betrieb
Urs kümmert sich vorwiegend ehrenamtlich darum, dass es von den richtigen Produkten genug im Laden hat. Gerade ist er dabei, mit einer App die Codes bei den Produkten zu scannen, um sie online nachzubestellen. Die App ist einer der kleinen, wichtigen Bausteine, damit der Laden selbsttragend wird. Der andere, grössere: Ein Kassensystem, das man mit zwei Klicks auf dem Bildschirm so umstellen kann, dass Kundinnen und Kunden ihre Waren direkt selbst scannen und mit Karte bezahlen können. «Das System ist so einfach, dass sogar ich das sofort begriffen habe», lacht Carolyn. Sie ist seit eine der drei angestellten Verkäuferinnen und die «Frau für alle Fälle». Gerade scannt sie den Warenkorb einer älteren Kundin, zwei jüngere Paare stehen schon an.
Das Projekt in Kürze
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Dorf-Genossenschaft
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Einrichtung Dorfladen
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Guttannen/BE
Bedient ist der Laden nur drei Stunden am Morgen und zwei am Nachmittag. Den Rest der Zeit können die Menschen – beobachtet von Kameras – selbst im Laden einkaufen und bezahlen. Hinzu kommt eine Tür, die nach 19 Uhr automatisch schliesst. Wer dann einkaufen will, muss beim ersten Mal Handynummer und Namen angeben. Das System schickt einen Code, mit dem sich die Tür öffnen lässt. Auch das: kinderleicht zu bedienen. «Es kommen auch tatsächlich Dorfkinder allein, um für die Familie noch etwas einzukaufen», bestätigt Carolyn. Und Urs weiss, dass sogar die ältesten Bewohnerinnen und Bewohner inzwischen auch mal in den unbedienten Zeiten einkaufen.
«Vor eineinhalb Jahren wurde klar, dass Prima den Laden schliessen wird», sagt Urs, «da gründeten wir eine Genossenschaft. In dieser sind praktisch alle Bewohnerinnen und Bewohner von Guttannen dabei. Denn das Ziel der Aktion war klar: Wir wollten einen Laden von und für Guttannen. Die Menschen hier sollen mitbestimmen, was es im Laden zu kaufen gibt.» Gleichzeitig ist es der Genossenschaft wichtig, dass die Produkte möglichst aus der Region stammen. «Wir haben darum über 28 Lieferanten, das war am Anfang nicht so einfach zu handhaben», sagt Urs. Er ist wie die anderen beiden Leiterinnen des Ladens ein kompletter Anfänger im Detailhandel. «Zum Glück wussten wir nicht ganz genau, was da auf uns zukommen würde. Es ist noch ein etwas aufwändiges Hobby. Aber inzwischen hat sich vieles eingeschliffen, es wird einfacher.»
Die Dorfbewohner wünschten sich – neben der Poststelle – auch eine Kaffee-Ecke. Denn auch das fehlte in Guttannen: Ein unkompliziert erreichbarer Ort, um kurz mal zusammen zu sitzen. «Um zehn Uhr morgens kommen oft Leute hierher», erzählt Urs und zeigt auf einen kleinen Tisch und die Kaffeemaschine daneben, «das wusste auch der alte Pfarrer. Er sagte mir mal: In die Kirche kommen die Leute nicht unbedingt, aber hier habe ich auch alle beieinander.» Und so sass er dann da mit allen und hatte regen Austausch.
Text und Bilder: Alexandra Rozkosny
Erschienen im
September 2024
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