Das Glück lockt unter dem Eis

Die Landschaft rund um das Berghotel Mettmen lädt zum Wandern, Klettern, Schneeschuhlaufen – und Eisfischen.

Der Garichtisee auf der Mettmenalp ist ein Fischer-Paradies. Und zwar nicht nur im Sommer. Im Winter ist Eisfischen angesagt. Ein eisiger Spass, bei dem oft auch kein Petri-Heil hilft.

Ich hole meine dickste Daunenjacke vom Estrich, ziehe lange Thermowäsche unter den Skihosen und warme Handschuhe an. Eisfischen ist angesagt. Und das stelle ich mir sehr kalt vor. Schon bald werfe ich allerdings die Schichten nur so von mir. Mit dem Handbohrer ein Loch von zwölf Zentimetern Durchmesser in eine 50 Zentimeter dicke Eisschicht zu bohren, ersetzt jedes Fitnesstraining. Und meine Vorstellungen, mit einem Mal bohren sei es getan, lösen sich rasch in Luft auf. «Die Eisfischer in Kanada bleiben nie länger als ein paar Minuten an einem Loch sitzen. Wenn sie nichts fangen, ziehen sie ein paar Meter weiter und bohren ein neues Loch», erklärt mir Florian Kundert. Das liegt daran, dass die Fische im Winter sozusagen im Energiesparmodus funktionieren. Sie jagen nicht. Nur wenn ihnen ein Köder direkt vor der Nase baumelt, beissen sie zu. Wir haben ein bisschen mehr Geduld, aber wenn in den ersten zehn Minuten das Zupfen am Silch ausbleibt, winkt wieder der Eisbohrer.

Florian und sein Kollege Paddy Müller betreiben gemeinsam die Website fischerevents.ch und weisen mich in die Kunst des Eisfischens ein. Die beiden Freunde sind auf und um den Garichtisee auf der Mettmenalp im Kanton Glarus sozusagen zu Hause. «Ich bin schon als kleiner Junge hier fischen gegangen», sagt Florian. Als die Bauarbeiten für das gleich unter der Staumauer gelegene Berghotel Mettmen begannen, sorgten er und Paddy sich zuerst ein wenig um die Ruhe an ihrem Lieblingsplatz. «Am liebsten hätten wir den Garichtisee natürlich für uns alleine», lacht Paddy. «Aber uns ist natürlich auch klar, dass ein Projekt wie das Berghotel Mettmen für die Region extrem wichtig ist, Arbeitsplätze bringt und ein Absatzkanal für viele lokalen Produzenten ist.»


Das Projekt in Kürze

  • Berghotel Mettmen
  • Bau des Berghotel Mettmen
  • Mettmenalp/GL

Also beschlossen die beiden Fischerfreunde, das Beste daraus zu machen. Sie nahmen Kontakt mit Sara und Romano Frei-Elmer vom Berghotel auf und boten ihre Dienste als Anlaufstelle für alle Fischer-Interessierten unter den Gästen des Berghotels an. «So können wir den Leuten helfen und sicherstellen, dass sie nicht aus Unwissenheit Dinge tun, die den Fischen schaden.» Ein Patent für den Garichtisee bekommt an der Talstation der Luftseilbahn Kies-Mettmen nämlich jeder, egal ob Profi oder blutiger Anfänger.

Ich gehöre eindeutig zu letzterer Kategorie. Und während ich mit der winzigen Rute in der Hand vor meinem Loch kauere, repetiere ich im Kopf nochmals all die Anweisungen, die mir Florian gegeben hat, für den Fall, dass es am Silch zupft. Der Gedanke, einen über einen halben Meter langen, wild zappelnden Namaycush – den Kanadischen Seesaibling, auf den Florian und Paddy es abgesehen haben – durch das winzige Loch hinaufziehen zu müssen, macht mich ein bisschen nervös. Aber nichts passiert. Weder Profi-Wissen noch Anfängerglück helfen: die Fische beissen nicht. Doch das macht nichts. Das Warten auf der stillen, schneebedeckten Eisfläche, die klare, kalte Luft, die Sonne, die langsam hinter den eindrücklichen Gipfeln der Glarner Alpen hervorkommt: Nur schon dafür hat sich das frühe Aufstehen gelohnt.

berghotel-mettmen.ch

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Isabel Plana

Erschienen im November 2017