Das Paradies zurückerobert
Es sah so aus, als ob der Bambus als Sieger aus dem Kampf hervorgehen würde. Doch dank viel Arbeit haben die einheimischen Arten gewonnen und die Zukunft eines kleinen Paradieses im Tessin gesichert.
Es sah so aus, als ob der Bambus als Sieger aus dem Kampf hervorgehen würde. Doch dank viel Arbeit haben die einheimischen Arten gewonnen und die Zukunft eines kleinen Paradieses im Tessin gesichert.
Die Tessiner Abendsonne scheint, ein Lüftchen lässt die Blätter der Kastanienbäume sanft rascheln und der grosse Pizzaofen hat auch schon bald seine Betriebstemperatur erreicht. In Al Forno, einer Rustico-Ferienhaus-Siedlung oberhalb von Intragna im Centovalli, kann man so richtig gemütlich Ferien machen. Die Rustici sind einfach eingerichtet, haben aber viel Charme. Man kann für sich selbst die Ruhe geniessen, sich aber auch mit anderen Gästen zusammentun und gemeinsam etwas erleben – so wie heute beim Pizzabacken auf der kleinen Piazza im oberen Teil des Geländes. Das neue Betriebsleiterpaar Dorothea Rüedi und Michael Huber hat Teig und Sugo vorbereitet, den Belag für die Pizzen bringen die Gäste selbst mit. Einige kennen einander schon, der Rest kommt schnell ins Gespräch.
Dieses Paradies entstand während des zweiten Weltkriegs. Die Gründerin, die Sozialistin Mascha Oettli, kaufte das Grundstück zusammen mit Gleichgesinnten und nahm hier politische Flüchtlinge aus Deutschland auf. Nach dem Krieg wurde Al Forno ein Verein und immer mehr zu einem offenen Ferienort. Doch nicht alles war perfekt im Paradies. Viele Unterhaltsarbeiten wurden über die Jahre vernachlässigt, vor allem im Bereich der ausgedehnten Gärten, Terrassen und Waldgebiete, die zum Gelände gehören. Zahlreiche der vielen Steinmauern waren schon zusammengekracht oder akut einsturzgefährdet. Bambus hatte sich ausgebreitet und die meisten anderen Pflanzenarten verdrängt. Als sich der Vorstand des Vereins vor sieben Jahren dazu entschloss, das Problem anzugehen, wandte er sich an Urs Nüesch, der sich im Tessin im Bereich Landschaftspflege und Umweltberatung einen Namen gemacht hatte.
Heute haben sich die lokalen Pflanzenarten in Al Forno wieder zurückerobert, die Biodiversität ist massiv gestiegen, viele Trockensteinmauern sind saniert. Aber, wie Urs sagt: «Es war ein Chrampf. Und ein Kampf.» Mit dem Bambus hatte er einen zähen Gegner, der sich nur mit viel Handarbeit und noch mehr Geduld besiegen liess. Klar, Urs hatte Hilfe. Etwa von den Betriebsleitern von Al Forno und von vielen Zivildienstleistenden. Trotzdem: «Mit dem Wissen von heute würde ich mich wohl nicht mehr so locker an ein solches Vorhaben herantrauen.»