«Das Wichtigste ist und bleibt die Werkstatt»

Gabriel Candinas hat sich mit seiner «La Bikeria» bei den Velofans in der Surselva einen Namen gemacht. Der 39-Jährige erzählt, warum er einst sein eigener Lehrling war und weshalb «zentral gelegen» für ihn etwas anderes bedeutet als für andere Ladenbesitzer.

«Wenn es um die Arbeit geht, bin ich ein ‹Tüpflischiisser›. Davon kann mein Lehrling Gian ein Lied singen. Am Anfang war es für ihn, der bereits eine erste Lehre als Sportartikelverkäufer in einem Fahrradgeschäft absolviert hatte und sich mit Velos bestens auskannte, nicht leicht, dass ich so schwer zufriedenzustellen bin. Aber dafür ist er jetzt, im letzten Lehrjahr, schon ein besserer und genauerer Velomech als viele Kollegen mit dutzenden Jahren Berufserfahrung. Und ich bin natürlich stolz, wenn ich bei seiner Arbeit nichts mehr zum Bemängeln finde.

Stolz bin ich auch, wenn ich mich in meinem Heimatdorf Sumvitg in der Surselva auf die Strasse stelle und den neuen Holzbau meiner «La Bikeria» anschaue. Dass ich es so weit bringen würde mit meinem Geschäft, das hätte ich mir nie träumen lassen.

Das Projekt in Kürze

  • Veloverkstatt
  • Neubau
  • Sumvitg/GR

Mit dem Skizirkus unterwegs

Zuerst ging meine berufliche Laufbahn in eine ganz andere Richtung. Ich lernte Schreiner, hatte auch Spass an der Arbeit, wollte aber noch etwas anderes lernen. Ich arbeitete bei einer Skifabrik in der Produktion und machte dann meinen Traum wahr, als Servicemann im Skizirkus um die Welt zu reisen. Das zog ich viele Jahre lang durch, zuletzt im Weltcup, also in der höchsten Liga. Dieses Leben war spannend, aber auf Dauer auch kräftezehrend und unstet. Immer unterwegs, nie da für Freunde und Familie.

Also fing ich nochmals neu an. Mountainbiken war schon immer mein grosses Hobby, ich bin auch eine Weile lang Amateurrennen gefahren, vor allem im Marathon-Bereich. Ich nahm eine Stelle in einem Sportgeschäft an, wo ich mich um die Bikes kümmerte. Schon bald waren mir meine selbst beigebrachten Schrauber-Kenntnisse aber nicht mehr genug. Ich wollte in der Werkstatt professionell arbeiten können und dafür nochmals eine Lehre absolvieren. Davon wollte mein damaliger Arbeitgeber allerdings nichts wissen, und auch der darauffolgende zögerte es immer hinaus. So kam es, dass ich mich selbständig machte – und für kurze Zeit Lehrling in meiner eigenen Firma war.

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Aufhören oder durchstarten

Dank sorgfältiger Arbeit konnte ich mir einen Namen machen und eine Stammkundschaft aufbauen. Diese folgte mir auch, als ich das Geschäft vergrösserte und von Trun nach Rabius umzog. Dort hatte ich eigentlich vor zu bleiben, selbst wenn es auch dort immer enger wurde. Aber dann wechselte der Vermieter und alles wurde kompliziert. Langfristig hätte ich dort keine Zukunft gehabt. Ich musste mich entscheiden: aufhören oder nochmals durchstarten. Ich entschied mich für die zweite Option. Auch, weil mir die Gemeinde entgegenkam und Bauland an für mich bester Lage – zwar abseits der Durchgangsstrasse, aber dafür direkt am Knotenpunkt der wichtigen Velorouten – im Baurecht zur Verfügung stellte.

Dort baute ich mit sehr viel Eigenleistung und Unterstützung von Familie und Freunden den Holzbau, der jetzt unübersehbar die neue «La Bikeria» ist. Seit Anfang Jahr arbeiten wir nun hier – nebst Gian gehört auch noch die Verkäuferin Manuela zum Team – und ich kann jetzt schon sagen, dass wir viel effizienter sind. Wir haben hier endlich genug Platz. In den beiden Verkaufsräumen, aber vor allem auch in der Werkstatt. Alles ist tipptopp eingerichtet, selbst entwickelte und geschreinerte Werkstattmöbel sorgen dafür, dass wichtige Werkzeuge und Ersatzteile immer griffbereit sind.

Natürlich verkaufe ich gerne Velos, habe jetzt auch für fast jeden Geschmack etwas im Laden. Aber das Wichtigste ist und bleibt die Werkstatt. Bei Reparaturen und Servicearbeiten kann ich mich durch Qualität von der Konkurrenz abheben. Es gibt fast nichts Schöneres, als zu sehen, wie sich eine Kundin oder ein Kunde über ein Bike freut, das wieder tipptopp im Schuss ist. Doch, etwas fällt mir ein: Stammkunden bei einer längeren Probefahrt zu begleiten. Die passenden, traumhaften Trails dafür liegen ja gleich vor der Werkstatttür.»

labikeria.ch

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im August 2024

Die Unterstützung

Mit dem Neubau seiner «La Bikeria» setzte Gabriel Candinas alles auf eine Karte. Als gelernter Schreiner legte er selbst kräftig Hand an, um die Kosten zu senken. Dennoch reichte es erst, als die Schweizer Berghilfe ihre Unterstützung zusicherte.
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