Die Küche, der Eisbrecher

In der Kita Lumpazi in Disentis spielen die Kinder nicht nur. Sie kochen zusammen mit den Betreuerinnen auch ihr eigenes Mittagessen und sogar das der Hortkinder dazu. Was kompliziert klingt, ist dank einer eigenen Küche ganz einfach.

Die Jacke hängt, die Finken sind angezogen. Aber Aline will heute nicht so recht weg vom Papa. «Willst du mir in der Küche helfen?», fragt da die Ko-Kitaleiterin Jonna Schlosser. Aline nickt, strahlt, und stapft schnurstracks geradeaus in die Küche. Und schon ist der Papa Nebensache. «Unsere Küche ist der beste Eisbrecher», sagt Jonna später, «die Kinder lieben es, hier beim Rüsten, Rühren und Vorbereiten zu helfen. Gerade am Morgen, wenn sie selbst noch nicht so wissen wohin mit sich, ist die Küche einfach perfekt. Da gibt es immer etwas zu tun, und während ein Kind zum Beispiel Rüebli schneidet, hat es Zeit, in seinem eigenen Tempo hier anzukommen und sich mit den anderen Kindern einzufinden.» In einer Gruppe seinen Platz finden, Kontakt mit anderen aufnehmen: Was für uns Erwachsene oft selbstverständlich und automatisch läuft, ist nämlich für kleine Kinder keine Nebensache.

Das Projekt in Kürze

  • Kita und Mittagstisch
  • Eigene Küche
  • Disentis

Essen wird zum Erlebnis

«Wir bezogen fast zehn Jahre lang das Essen vom Altersheim, aber die Menus waren sehr fleischlastig und oft nicht kindergerecht. Und es war teurer», sagt Jonna, «die Küche in der Kita ist für uns eine Riesenentlastung.» Aber nicht nur das: Die Kinder, so erklärt die Co-Leiterin, entwickeln einen ganz anderen Bezug zum Essen. «Früher kam einfach diese blaue Box, da war das Essen drin. Heute erleben die Kinder, wie das Essen aussieht und sich anfühlt, bevor es gekocht ist. Es riecht schon ab dem Morgen in der Kita, und durch die Löcher in der Kitawand können die Kleinen nachsehen, was da so vorbereitet wird. Der Effekt ist deutlich: Die Kinder essen auch viel lieber».

Die Unterstützung

Die Kosten für die neue Küche konnte die Kita nicht alleine tragen. Die Schweizer Berghilfe unterstützte den Kauf der Küchengeräte.

Vorfreude steigern

Für die Pizzas heute hackt Aline inzwischen einen Mozzarella, während weitere Kinder eintrudeln. Dann entdeckt sie ihre Freundin und schwupps, sind die beiden im Spielzimmer verschwunden. Jonna und ihr Team verteilen inzwischen im Essraum Bleche mit fertig ausgewalltem Pizzateig, daneben Schüsseln mit Sugo, Mozzarellastücken, Thunfisch oder Mais. Nun versammeln sie alle Kinder, und gemeinsam belegen sie die Pizzen. Sechs Stück sind es, drei für die Kleinen und die Betreuerinnen und drei für die Primarschulkinder, die nebenan zum Mittagstisch kommen. Natürlich können einige Kinder nicht widerstehen, und verhapsen da ein paar Maiskörner oder dort einen Mozzarellawürfel. Auch das gehört dazu und steigert nur die Vorfreude. Vorsichtig balanciert jedes der grösseren Kinder ein Blech in die Küche.

Die Kleinen kochen für die Grossen

Sind dann die Kleinen vom morgendlichen Ausflug zurück, kommen die Pizzen in den Ofen und bald ist der ganze Raum vom Duft des gebackenen Teiges erfüllt. Elf Kleinkinder wuseln durcheinander in den Essraum, krabbeln auf ihre Stühle und bekommen Lätzchen angezogen. Pizzastückchen um Pizzastückchen verschwindet von den Tellern. Etwas später trudeln einige Primarschulkinder ein, die über Mittag einen zu weiten Heimweg hätten oder bei denen tagsüber niemand zuhause ist. Sie geniessen ihr Mittagessen in einem anderen Raum, der extra für sie eingerichtet ist. Nur eines lässt sich nicht so gut mit den Kitakindern erledigen: das Küchenputzen. Wegen der Hygienevorschriften müssen scharfe Putzmittel ran. Und das dürfen nur die Erwachsenen benutzen. «Ja, das Putzen ist aufwendig, aber Hygiene ist wichtig, gerade auch in der Küche», sagt Co-Leiterin Lea Cabernard, «und wir sind dankbar haben wir eine Person gefunden, die das kann und auf die wir uns verlassen können. Seit wir selbst kochen, stimmt nicht nur das Budget, die Kinder fühlen sich auch viel mehr daheim hier. Und das ist das Wichtigste.»

Text: Alexandra Rozkosny

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im Dezember 2025

Unsere Unterstützung

Die Küche musste komplett mit eigenen Mitteln der Kita gebaut werden. Ganz reichte es aber nicht, die Unterstützung der Berghilfe machte den Einbau möglich.
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.