Ein Skigebiet geht neue Wege
Konkurs gegangen, gerettet, umgekrempelt. Das Skigebiet von Charmey hat bewegte Jahre hinter sich. Der neue Betreiber will vermehrt ganzjährig Gäste anziehen und setzt dabei erfolgreich auf Familien.
Konkurs gegangen, gerettet, umgekrempelt. Das Skigebiet von Charmey hat bewegte Jahre hinter sich. Der neue Betreiber will vermehrt ganzjährig Gäste anziehen und setzt dabei erfolgreich auf Familien.
Wer auf der Website charmey.ch auf die Rubrik «Aktivitäten» klickt, wird schon fast erschlagen. Klar, Dinge wie die «Playa del Charmey», hinter der sich einige grosse Sandkästen verbergen, laufen eher in der Kategorie «übereifriges Marketing», aber dennoch ist es erstaunlich, was man auf dem Vounetse, dem Hausberg von Charmey anfangs Jauntal, so alles machen kann. Nebst verschiedenen Optionen zum Einkehren gibt es einen Kugelbahn-Parcours, die Möglichkeit, in einer Alphütte beim Käsen zuzuschauen, einen Pumptrack, ein Tierspurenspiel, das «Tal der Seilrutschen», einen Startplatz für Gleitschirme, einen Nuggibaum für die Kleinsten, einen Klettersteig und einen Seilpark. Und natürlich ganz viele Wanderwege.
«Wir wollen unseren Gästen etwas bieten», sagt Claude Gendre, Direktor der TéléCharmey SA, «und das mit nicht zu grossen Investitionen und auf eine Weise, dass sich die anderen Besucherinnen und Besucher nicht gestört fühlen.» Mit der grossen Kelle anrühren kann Claude nicht. Denn vor sechs Jahren sind die Bergbahnen von Charmey noch zahlungsunfähig gewesen und es wurde ihnen der Strom abgestellt. Damals gehörten sie der Gemeinde und die Verantwortlichen hatten einige fragwürdige Investitionen getätigt. Zwei besonders schneearme Winter hatten der Organisation dann das Genick gebrochen. Die Gondelbahn und die Skilifte blieben stehen und allen war klar: So wird es bleiben, wenn nicht sofort ein Neustart gelingt. Für Charmey und die Region wäre das ein herber Verlust gewesen. Es ging nicht nur um das gute Dutzend Arbeitsplätze der Seilbahnen, auch Restaurants, Läden und Lebensmittelproduzenten aus der Region hätte das Ausbleiben der Gäste hart getroffen.
Umgehend machte sich eine Gruppe von engagierten Einwohnerinnen und Touristikern an die Arbeit und schafften es, genügend Investoren für einen Neustart zu finden. Bereits ein gutes halbes Jahr darauf fuhren die Bahnen wieder. Dann ging es daran, den Betrieb zu modernisieren. «Sofort probierten wir überall mit einfachsten Mitteln, Verbesserungen vorzunehmen und Ideen umzusetzen», erzählt Claude. «Wenn etwas zu klappen schien, dann nahmen wir ein bisschen Geld in die Hand und setzten es definitiv um.» Klar war, dass der Sommerbetrieb gestärkt werden muss. Zwar brummt das Geschäft, wenn im Winter Schnee liegt und schönes Wetter ist. Doch das Dorf Charmey liegt lediglich auf 900 Meter über Meer, der Gipfel reckt sich bis auf gut 1600 Meter. Da ist genügend Schnee im Winter je länger, je mehr Glücksache.
Dieses Problem haben die meisten Skigebiete in mittleren Lagen. Viele setzen auf Mountainbiker als neues Gästesegment. «Wir haben uns bewusst dagegen entschieden und sprechen Familien mit Kindern an», sagt Claude. Denn wenn alle das Gleiche machen, funktioniert es nicht. Nebst den einfach zu erstellenden Attraktionen wie den Kugelbahnen und den Sandkästen richteten Claude und seine Mitarbeiter mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe eine «Via Ferrata», also einen Klettersteig ein. Ein Seilpark bestand bereits seit rund 20 Jahren. Dieser wurde bisher privat betrieben, konnte aber beim Neustart mitübernommen werden. Er war in die Jahre gekommen und musste nur schon aus Sicherheitsgründen saniert werden. Jetzt glänzt er mit neuen Routen, zusätzlichen Hindernissen und vor allem einer viel freundlicher und heller gestalteten Umgebung mit Pfaden auf dem Waldboden. «Früher fühlte es sich hier auch bei schönstem Wetter immer nass und kalt an, heute hat man viel mehr Lust, auf die Bäume zu steigen», sagt Claude, der selbstverständlich jede Route selbst ausprobiert hat.
Die neue Ausrichtung wirkt. «Wir konnten die Besucherzahlen deutlich steigern», sagt Claude. Und inzwischen bietet die TéléCharmey SA schon 20 Vollzeitstellen. Und es geht weiter. Anfang Sommer wurde ein Wanderweg von der Berg- zur Mittelstation mit vielen Rutschbahnen eingeweiht. Claude: «So etwas gab es in der Schweiz bisher noch nicht. Wir werden damit zum perfekten Familienberg.»