Freue mich immer riesig auf die Alpzeit
Familie Theiler verbringt den Sommer jeweils auf der Alp Äbnistetten über dem Entlebuch. Dank der Berghilfe produzieren sie hier oben nun auch Alpkäse.
Familie Theiler verbringt den Sommer jeweils auf der Alp Äbnistetten über dem Entlebuch. Dank der Berghilfe produzieren sie hier oben nun auch Alpkäse.
Auf der Alp Äbnistetten steht der Traktor mitten in der Käserei. Es ist ein grüner «John Deere» mit gelben Felgen und er ist etwa 40 Zentimeter hoch. Auf dem Fahrersitz thront die dreijährige Lisa, und sie hat alles im Blick. Sie beobachtet aufmerksam ihre Eltern Reto und Sili Theiler, die gerade mit vereinten Kräften den Käsebruch aus dem Kessi hieven und in die Presswanne kippen. Sie dreht ein paarmal energisch am Steuerrad und stiebitzt, wenn niemand hinschaut, geschwind ihrer kleinen Schwester Melina ein Gummibärli aus dem Plastikbecher, den diese in der Hand hält. Die Backen der beiden Mädchen haben vielleicht ein bisschen mehr Farbe als normal, aber sonst merkt man ihnen nicht an, dass es im Raum inzwischen deutlich über 30 Grad warm ist und es wegen der hohen Luftfeuchtigkeit von der Decke tropft. «Ja, sie sind beide gerne immer mit dabei, egal was wir gerade machen», sagt Sili Theiler. «Das ist manchmal anstrengend, manchmal ist Lisa aber auch schon eine richtige Hilfe.»
Den Sommer über verlässt die ganze Familie, gemeinsam mit Retos Vater und zwei Lehrlingen, den Talbetrieb in Schüpfheim im Entlebuch und zügelt auf die eine halbe Stunde entfernt gelegene Alp Äbnistetten. «Ich freue mich immer riesig darauf», sagt Reto. Er selbst war auch nicht älter als Melina, als er zum ersten Mal hier oben auf 1250 Meter Höhe war. «Schon als kleines Kind hat es mir hier oben, mitten in der Natur, immer viel besser gefallen als im Tal unten.» Damals sah es allerdings noch ziemlich anders aus auf der Alp Äbnistetten. Es gab keine Spielzeugtraktoren, keinen hellen und gut isolierten Wohnbereich und auch keine Käserei. Das alte Alpgebäude war zum Schluss über 260 Jahre alt und praktisch nicht mehr bewohnbar. Eine Renovation wäre viel zu teuer gekommen, also musste ein Neubau her.
Wenn sie schon bauen mussten, wollten Reto und Sili gleich auch dafür sorgen, dass sie die hochwertige Alpmilch ihrer 40 Kühe gewinnbringender verwerten konnten. Bisher fuhr Reto jeden Tag mit einem Kühlanhänger über die steile Kiesstrasse nach unten zur Milchsammelstelle im Tal, wo sie industriell weiterverarbeitet wurde. Das war zeitaufwändig und brachte wenig ein. Sili, die früher mehrere Sommer auf einer Alp in Graubünden verbracht und dort auch das Käsen gelernt hatte, kam auf die Idee, selbst eine kleine Käserei einzurichten, Alpkäse herzustellen und diesen direkt zu verkaufen. Die Finanzen machten der jungen Bauernfamilie dann aber fast einen Strich durch die Rechnung. «Wir hätten uns sehr hoch verschulden müssen, obschon wir viel selbst machen wollten und für die Einrichtung der Käserei hauptsächlich gebrauchte Geräte besorgt hatten. Wir entschieden uns zwar, das Projekt durchzuziehen, hatten aber ein sehr mulmiges Gefühl dabei», erinnert sich Reto. Bis die Unterstützungszusage der Berghilfe kam. «Von dem Moment an wusste ich: Alles wird gut», sagt Reto. In Rekordzeit, mit viel Eigenleistung und ohne Zwischenfälle wurde der Bau pünktlich auf den Beginn der letztjährigen Alpsaison fertig.
Inzwischen ist eine gewisse Routine eingekehrt, und auch das Käsen ist nicht mehr ein solches Abenteuer wie in den ersten paar Wochen. «Da sind wir manchmal ziemlich an die Grenzen gestossen», erinnert sich Sili. «Uns fehlte einfach die Erfahrung, und das Käsen ist eine heikle Angelegenheit.» So ist es ihr einmal passiert, dass sie die Milch im Kessi zu schnell erhitzt hat. Mit der Folge, dass der gesamte Käse dieser 520 Liter Milch später seltsam rissig wurde und nicht verkauft werden konnte. Ein Problem, dass Theilers mit dem Rest des Käses, der optimal herausgekommen ist, nicht haben. In den beiden Verkaufsräumen auf dem Heimbetrieb und auf der Alp bieten sie ihren Käse Wanderern, Bikern und Touristen an. Auch weitere Milchprodukte, Eier und manchmal eigenes Schweinefleisch gibt es dort zu kaufen. Mit all den Neuerungen ist die Alp Äbnistetten bereit für weitere erfolgreiche Jahre. Vielleicht werden ja auch Lisas oder Melinas Kinder einmal hier oben ihren ersten Alpsommer erleben.