«Ich wollte lieber Cowboy sein»
Christian Unterholzner ist aus dem Südtirol in die Surselva gekommen, um Schafbauer zu werden.
Christian Unterholzner ist aus dem Südtirol in die Surselva gekommen, um Schafbauer zu werden.
Er war einst schneller als Dario Cologna und hätte eigentlich Langlauf-Profi werden können. Doch die Vierbeiner interessierten Christian Unterholzner mehr als die zwei Bretter. Heute ist der junge Südtiroler Cowboy, Hundeflüsterer und seit Kurzem auch noch Bio-Schafbauer in der Surselva.
«Mein Vater sagt immer: ‹Nur wenn du mit Herzblut dabei bischt, erreichscht du auch was.› Ja, ich hätte vielleicht ein erfolgreicher Langläufer werden können. Mit 15 schaffte ich es bei der Juniorenmeisterschaft vor Dario Cologna auf den ersten Platz. Ich hätte auch ein guter Schlosser werden können. Aber weder der Sport noch mein gelernter Beruf haben mich glücklich gemacht. Mit Tieren zu arbeiten, das war von klein auf meine Leidenschaft. Ich bin zwar nicht in einer Bauernfamilie aufgewachsen, war aber trotzdem immer von Tieren umgeben. Mit Sieben oder Acht wollten mein Bruder und ich unbedingt ein paar Ziegen haben. Wenn man als Bub seine eigene Ziege hat, will das bei uns im Südtirol was heissen. Mein Vater sagte schliesslich Ja, aber mit einer klaren Ansage: Wenn er auch nur einmal die Ziegen füttern müsse, bringe er sie zum Metzger. Diese Gefahr bestand nie. Mein Bruder und ich haben uns immer vorbildlich um die Tiere gekümmert.
Dann waren da die Pferde und Ponys unseres Nachbarn. Er liess mich schon als kleiner Bub auf ihnen reiten. Als meine Tante mich einmal sah, sagte sie: ‹Du sitzt da wie so ein Cowboy, lern richtig reiten›, und schickte mich in die Reitschule. Aber hintereinander im Kreis herumzutrotten war nicht meins. Ich wollte lieber Cowboy sein. Mit der Zeit habe ich dem Nachbarn dann beim Trainieren der Pferde geholfen. Und ich fing selbständig an, Hütehunde auszubilden und zu züchten. Ich habe mir das alles weitgehend selber beigebracht. Mit Hilfe von Youtube-Videos habe ich die Pfeifkommandos gelernt, mit denen man die Hunde beim Schafetreiben anweist. Mittlerweile bin ich in der Hütehunde- Szene recht bekannt. Die Leute bringen ihre Hunde zu mir in die Ausbildung. Letzten Sommer hatte ich einen aus England bei mir.
Ich sehe Pferde und Hunde nicht als Haustiere an, sondern als Arbeitsgefährten. Sie haben mich in den vielen Alpsommern begleitet und mir beim Kühe und Schafe treiben geholfen. Die Arbeit mit den Hütehunden war bis dahin eher ein Hobby gewesen. Aber auf der Alp wurde mir klar, dass ich dieses Hobby zum Beruf machen wollte. Ich wollte das ganze Jahr über Hirte und Cowboy sein. Was mir dazu fehlte, waren die Schafe. Fünf Jahre lang suchte ich im Südtirol vergeblich einen Betrieb. Die Höfe werden dort von Generation zu Generation weitergegeben, und anders als hier will dort praktisch niemand verkaufen. Also schaute ich in der Schweiz weiter. Von den Alpsommern in der Surselva wusste ich, dass ich mich auch hier wohl fühlen würde. Ich schaltete ein Inserat in der Zeitung, und dann ging alles ziemlich schnell: Vor einem Jahr konnte ich hier in Curaglia den ganzen Betrieb samt Schafen übernehmen. Finanziell war dieser Kauf ein ziemlicher Kraftakt. Und um auf Bio-Schafmilchproduktion umzustellen, waren zudem noch einige Umbauarbeiten nötig. Die zusätzlichen Investitionen für den Laufstall, die Pferdeboxen und die Hundezwinger konnte ich nur dank der Unterstützung der Berghilfe stemmen. Diesen Winter habe ich nun angefangen zu melken. Die Milch lasse ich in der kleinen Käserei im Dorf verarbeiten. Die Käserin hat schon Frischkäse und Jogurt daraus gemacht. Als ich zum ersten Mal davon probierte, war ich schon etwas aufgeregt. Zum Glück schmeckt beides super. Jetzt bin ich mal gespannt auf meinen ersten eigenen Käse.»