«Kartoffeln sind richtige Diven»

Kartoffeln haben es Christophe Mornod angetan. Warum, kann der 35-jährige Landwirt aus dem Berner Jura auch nicht sagen. Aber die Sympathie scheint gegenseitig zu sein. Denn seine «patates» wachsen prächtig. Und die Leute kommen von weit her, um sie zu kaufen.

«Wer glaubt, Kartoffeln seien einfache und langweilige Pflanzen, liegt weit daneben. Man kann sie nicht einfach so im Frühling in den Boden stecken und vergessen. Also, das kann man schon, aber dann wird man kaum eine anständige Ernte haben. Heute, an diesem Samstag im Mai, werden wir auf zwei Hektaren Kartoffeln sähen. Und zwar mitten in der Nacht. Dass das ausgerechnet heute passiert, ist kein Zufall. Alles muss stimmen: die Feuchtigkeit der Erde, die Temperaturen, die Wetteraussichten. Ich habe die Geduld meines Kollegen, der die Saatmaschine besitzt, und meiner Helferinnen und Helfer schon mehr als einmal auf die Probe gestellt, weil ich sie so kurzfristig aufgeboten habe. Oder einen Einsatz am Tag zuvor wieder abgesagt habe, weil die Bedingungen doch nicht perfekt waren. Aber es lohnt sich.

Ab jetzt werde ich meine Kartoffeln jeden einzelnen Tag besuchen gehen. Manchmal sogar mehrmals pro Tag. Wachsen die Pflanzen gut? Wie entwickeln sich die Blätter? Weisen sie Verfärbungen auf? Weil die Kartoffeln selbst unter der Erde sind und man sie nicht sehen kann, muss man anhand der Blätter lesen, wie es ihnen geht und ob man etwas unternehmen muss. Das ist nicht schwierig, wenn man einmal weiss, wie es geht, aber es braucht Zeit und Geduld.

Das Projekt in Kürze

  • Bergbauernfamilie
  • Lagerraum für Kartoffeln
  • Pontenet/BE

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Erster Kontakt in der Lehre

Zum ersten Mal mit dem Kartoffelanbau in Kontakt gekommen bin ich während meiner Lehre zum Landwirt, im Seeland. Ich war sofort begeistert. Mein Vater hat auf unserem Familienbetrieb im Berner Jura Milchwirtschaft betrieben und etwas Getreide angebaut. Als ich vor einigen Jahren den Betrieb übernehmen konnte, stellte ich als erstes auf Mutterkuhhaltung um. Nicht zuletzt, um mehr Zeit für die Kartoffeln zu haben. Das erste kleine Feld baute ich fast heimlich an. Mein Vater fand die Idee völlig daneben und prophezeite viel Arbeit und kaum Ertrag. Aber im Gleichschritt mit den ersten Pflanzen wuchs auch sein Interesse. Heute hilft er mir nicht mehr nur im Stall, sondern sortiert auch unermüdlich stundenlang Kartoffeln.

Erde als Schutzschild

Auch nach der Ernte ist die Arbeit mit den Kartoffeln nicht abgeschlossen. Ich schaue, dass jede Knolle noch eine schöne Schicht aus Erde um sich hat, wenn wir sie einlagern. Die Erde wirkt wie ein Schutzschild. Beim Sortieren und Abpacken fällt sie dann weg. Ein Problem war lange Zeit die Lagerung. Weil ich keinen geeigneten Keller hatte, musste ich meine Ernte extern einlagern. Das kostete, ausserdem war es sehr umständlich. Ich bin froh, dass ich mit der Unterstützung der Schweizer Berghilfe im ehemaligen Kuhstall direkt beim Elternhaus einen eigenen Keller einrichten konnte. Also eigentlich ist es ja mehr ein Kühlraum,
gut isoliert und klimatisiert. Dort sind die Kartoffeln monatelang perfekt aufgehoben, bis sie in den Verkauf gehen. Ich beliefere Grossverteiler, aber verkaufe auch einen schönen Anteil der Ernte direkt in unserem Hofladen. Das heisst: im Hofladen meiner Frau Annick. Sie hat ihn aufgebaut, und ich rede ihr da nicht rein. Ich kann nicht gut verkaufen, sie hingegen schon. Sie hat das irgendwie im Blut. Sie weiss, was die Leute wollen. Und vor allem, in welchem Ambiente man es anbieten muss.

Ja, wir ergänzen uns gut, Annick und ich. Und dass unsere Kinder Jonas (13) und Mia (11) sich für die Landwirtschaft interessieren und motiviert mithelfen, macht uns natürlich beide glücklich. Gerne möchte ich auch anderen Leuten meine Begeisterung für meinen Beruf weitergeben. Ich engagiere mich im Bauernverband, mache aber auch Erklärvideos, die ich auf Facebook und Instagram teile. Wir hatten schon Leute im Hofladen, die zuerst nur vorbeischauten, weil sie mich aus den sozialen Medien kannten. Aber für mich ist es das grösste Kompliment, wenn sie wegen meiner feinen Kartoffeln wiederkommen.

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im August 2023

Die Unterstützung

Beim Bau des Lagerraums für die Kartoffeln und beim jüngsten Ausbau des Hofladens konnte Familie Mornod auf die Unterstützung der Schweizer Berghilfe zählen. Möchten auch Sie unterstützen?
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