Kleinste Teile für die grosse Welt

Bei Gregor Aelligs Arbeit kommt es auf den Tausendstelmillimeter an. In seiner kleinen Werkstatt im abgelegenen Kiental produziert er Einzelteile für die ganze Welt.

«Kunden in der Schweiz? Da gibts nicht viele. Fast alles, was ich hier produziere, geht in die weite Welt hinaus. So ziemlich überall hin. Die meisten meiner Auftraggeber machen sich wohl kaum Gedanken, wie es bei mir aussieht. Aber wahrscheinlich wären sie überrascht, wenn sie auf einen Besuch vorbeikämen. Meine Werkstatt mit ihren beiden Räumen direkt unterhalb des Wohnhauses ist wirklich nicht gross, und das Dorf Kiental ist auch nicht gerade eine Metropole. Aber mir gefällt es hier.

Ich geniesse es, zwischendurch eine Pause machen zu können und mich direkt aufs Bike zu schwingen. Oder mit der Kamera loszuziehen und Naturfotos zu machen. Ich mache das jetzt viel bewusster als früher. Mir ist nämlich das passiert, womit viele Selbstständige kämpfen. Man freut sich über die steigende Anzahl von Aufträgen, sagt überall zu und ist irgendwann nur noch am Arbeiten. Ich realisierte lange gar nicht, wie sehr ich ständig unter Druck stand. Und irgendwann hat es mir plötzlich den Boden unter den Füssen weggezogen. Aber ich habe daraus gelernt. Heute schaue ich besser zu mir. Dadurch kann ich auch meine Arbeit wieder geniessen. Denn eigentlich bin ich ja ein Glückspilz: Ich wusste bereits als Zwölfjähriger haargenau, was ich einmal werden will. Und bis heute möchte ich nichts anderes machen.

Das Projekt in Kürze

  • Feinmechaniker
  • Neue CNC-Fräse
  • Kiental/BE

Die Feinmechaniker-Werkstatt hatte bereits mein Vater gegründet. Ich verbrachte als Kind viel Zeit hier. Weil wir für die Sekundarschule nach Reichenbach runter mussten, durften wir Kientaler bereits mit zwölf Jahren Töffli fahren. Meins lief stets am schnellsten… Aber das Frisieren und Reparieren sah ich immer nur als Hobby. Was ich wirklich wollte, war Einzelteile für den Maschinenbau herstellen. Am liebsten für Prototypen, je komplizierter, desto besser. Nach der Lehre ging ich schon bald in Richtung Selbstständigkeit. Und rückblickend ziemlich konsequent fing ich an, genau das zu machen, was ich mir vorgenommen hatte: Einzelteile für Prototypen aller Art herzustellen. Zuerst noch weitgehend von Hand. Doch dann kam auch in der Feinmechanik der grosse Digitalisierungsschritt. Ich schaffte mir meine erste CNC-Fräse an. Eine riesige Investition für einen Kleinstbetrieb wie meinen. Und auch mit viel Arbeit verbunden. Ich musste mir die ganze Programmiererei selbst beibringen. Heute verbringe ich deutlich mehr Zeit vor dem Bildschirm als an der Werkbank.

Leider hat die CNC-Fräse in den letzten Jahren angefangen, Ärger zu machen. Immer mehr Reparaturen, die immer teurer wurden. Ich hatte dafür zwar eine Versicherung abgeschlossen, aber nur schon der zusätzliche Aufwand und die Zeitverzögerungen machten mir zu schaffen. Als ich dann für meine alte Maschine ein super Eintauschangebot erhielt, griff ich zu und bestelle einen Ersatz. Topmodern, so gross wie ein Kleinwagen und so teuer wie einer der Luxusklasse. Mit dieser Maschine bin ich deutlich schneller als zuvor. Und vor allem: Ich kann mich auf sie verlassen.

Die Unterstützung

Für die Anschaffung der neuen CNC-Fräse reichten die Ersparnisse des Feinmechanikers Gregor Aellig nicht ganz aus. Die Berghilfe sprang ein und übernahm die Restfinanzierung.

Winzig klein, aber komplex

Inzwischen sind zu den Maschinenfabrikanten laufend mehr Auftraggeber aus der Medizin dazugekommen. Gerade eben habe ich zum Beispiel eine Serie verschiedener Kunststoffröhrchen hergestellt, die in Knochen implantiert werden. Sie haben eine komplexe Struktur im Inneren, damit sie gut mit dem organischen Material verwachsen. Die finnischen Auftraggeber haben sich bei einer unserer Videocall-Sitzungen die Zeit genommen, mir das alles zu erklären. Im Gegenzug bin ich dafür mit dem iPad auf die Strasse raus und habe ihnen mit einem Schwenk gezeigt, wie unsere Berglandschaft aussieht.

Meistens weiss ich aber gar nicht, wozu die Teile, die ich herstelle, genau verwendet werden. Oft ist sowieso alles streng geheim, da frage ich lieber gar nicht nach. Es gibt auch Kunden, denen es aus Angst vor Werksspionage ganz recht ist, dass ich hier so ab vom Schuss bin. Für mich spielt es keine Rolle. Das ist der Vorteil, wenn man ausschliesslich kleine Dinge herstellt: Es passt alles locker in ein Postpäckli.»

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im November 2025

Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.