Neue Ideen für altes Handwerk

Vor 10 Jahren konnte die Handweberei Tessanda dank der Berghilfe einen Lagerraum ausbauen. Das ist daraus geworden.

Die älteste Handweberei der Schweiz hat turbulente Zeiten hinter sich. Jetzt geht es wieder aufwärts – auch dank Weiterbildung der Mitarbeiterinnen.

Auf den ersten Blick hat sich nicht viel verändert in der Tessanda im Val Müstair. Aus der ältesten Handweberei der Schweiz tönt immer noch das vielstimmige Klacken und Rumpeln der Webstühle – alle rein mechanisch und teils über 100 Jahre alt. Frauen sitzen konzentriert hinter diesen eindrücklichen Holzkonstruktionen und lassen im rasanten Rhythmus das Schiffchen mit der Fadenspule darin hin und her rasen. Dabei entstehen wie seit Jahrzehnten hochwertige Küchentüchlein und Lappen. Aber nicht nur. Denn neu sind es vermehrt modische Accessoires wie Schals oder auch Teppiche, die in der Manufaktur in Santa Maria hergestellt werden. «Wir haben das ganze Sortiment umgekrempelt, Veraltetes aussortiert, Verstaubtes erneuert und Neues kreiert», sagt Maya Repele.

Die erfahrene Betriebswirtin aus Zürich ist vor einigen Jahren in den Ferien im Münstertal mit der Tessanda in Kontakt gekommen. Sie war vom alten Handwerk begeistert und sagte sofort zu, als sie angefragt wurde, im Stiftungsrat mitzuwirken. Schon bald merkte sie, dass einiges im Argen lag. Sie legte den Finger auf die Probleme, und ehe sie es sich versah, war sie Geschäftsführerin der Tessanda. Inzwischen ist sie selbst nach Santa Maria gezogen und widmet sich mit Inbrunst der Professionalisierung des Betriebs. Nebst der Anpassung des Sortiments erfolgte ein neuer Auftritt samt erneuertem Logo und frischer Website. Maya Repele hat auch die internen Abläufe vereinfacht, bessere Bedingungen bei Lieferanten ausgehandelt und neue Kundensegmente akquiriert. Mit Erfolg: Heute verkauft die Tessanda deutlich mehr ihrer gewobenen Meisterwerke als vor der Umstellung. Wenn so viel läuft, dann wird in dem jahrhundertealten Haus mitten im Dorf der Platz eng. Da wird der grosse Raum im Keller, den die Tessanda vor zehn Jahren mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe ausbauen konnte, umso mehr geschätzt. Damit es in die gleiche Richtung weitergehen kann, will die Tessanda künftig in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen investieren – mit erneuter Unterstützung der Berghilfe.

Das Projekt in Kürze

  • Handweberei
  • Ausbau eines Lagerraums
  • Santa Maria/GR

Weiterbildung ins Tal holen

«In ihrem Fach sind unsere Weberinnen wahrscheinlich die besten der Schweiz», sagt Maya Repele. «Aber durch die abgelegene Lage des Münstertals und unsere traditionelle Arbeit müssen wir besonders aufmerksam sein, gesellschaftliche Entwicklungen und Trends nicht zu verpassen und nicht an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden vorbeizuproduzieren.» Weiterbildungen, die nicht direkt mit dem Weben zu tun haben, sollen den Horizont öffnen.

Weil eine Teilnahme an externen Kursen wegen der langen Anreise sehr aufwendig und teuer ist, versucht Maya Repele, ihr Netzwerk zu aktivieren und Referenten ins Münstertal zu bringen. Es fanden bereits Kurse in Marketing und Fotografie statt, und auch ein deutscher Entwicklungshelfer, der mit einfach selbst zu bauenden Webstühlen afrikanischen Frauen zu mehr Selbständigkeit verhilft, war schon zu Besuch im Val Müstair.

tessanda.ch

Text und Bilder: Max Hugelshofer

Erschienen im November 2019

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