Schichtarbeit, die duftet

Im Wallis wächst viel Holz nach. Holz, das oft gar nicht verwertet werden kann. «Auprès de mon arbre» will das ändern. Mit zwei speziellen CNC-Maschinen baut die junge Firma Vollholzmodule, aus denen ganze Häuser zusammengesetzt werden. Ohne Schrauben oder Leim.

Ein Zischen, ein Klacken. Eine Maschine hat soeben Holzdübel in sechs Schichten Holz versenkt. Sie steht in einer neuen, 80 Meter langen Halle. Es ist die letzte Station fürs Holz auf seinem Weg zum Haus. Einem Vollholzhaus – gebaut ohne Nägel, Stahl oder Beton.

Angegliedert an die Firma Frossard Bois sind hier zwei spezielle CNC-Maschinen installiert. Die erste verdübelt sechs Lagen Holz zu einer massiven Platte. Die zweite fräst und schneidet die Platte millimetergenau in die gewünschte Form. Jeweils zwei spiegelverkehrt identische Platten zusammen ergeben ein Stück Hauswand. Weil pro Platte nur eine Schicht sichtbar ist, reicht innen auch weniger schönes Holz. «Wir können so rund 70 Prozent des Baumstamms verwerten, normalerweise sind es nur 50 Prozent», schwärmt Nicolas Giroud, Mitinhaber der jungen Firma «Auprès de mon arbre».

Die Idee, Häuser ganz aus Holz zu bauen, ist in der Schweiz nicht neu, aber ein Novum in der Romandie. Um sie zu verwirklichen haben ein Forstunternehmen, eine Sägerei und eine Zimmerei gemeinsam ein neues Unternehmen gegründet: Auprès de mon arbre, was so viel heisst wie «Bei meinem Baum». Dessen Auftrag: Schichtarbeit. Und die beginnt draussen.

Das Projekt in Kürze

  • Holzverarbeitung
  • CNC-Maschinen
  • Vollèges/VS

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Das Holz für ein Haus wächst in 10 Minuten nach

«Attentiooon», schallt es durch den winterlich verschneiten Wald. Dann folgt das Krachen brechender Äste, ein dumpfer Schlag, Stille. Ein leichter Geruch nach Harz mischt sich in die feuchte, kalte Luft. Der gefällte Baum wird später auf einem Lagerplatz im Tal mit ähnlichen Stämmen aufgeschichtet. Sie lagern hier, um in zwei, drei Monaten weiter verarbeitet zu werden. Das Fachwissen von Bernard May, dem zweiten Mitinhaber von Auprès de mon arbre, ist dabei zentral: «Unser Job ist es, gutes Holz in genügender Qualität bereit zu stellen. Dazu wollen wir nicht nur im Val de Bagnes Bäume schlagen, sondern später im ganzen Wallis Holz einkaufen», sagt er.

Und Holz gibt es mehr als genug. Etwa 300 m3 braucht es für ein durchschnittliches Einfamilien-Vollholzhaus. Das wächst in der Schweiz in nur 10 Minuten nach. «Zurzeit werden zum Beispiel im Wallis nur gerade 20 Prozent des nachwachsenden Holzes verarbeitet», sagt Nicolas Giroud.

CO2-schonend heizen mit eigenen Abfällen

Ist der Stamm trocken genug, liefert ihn das Forstunternehmen an die Sägerei. Dort wird der Stamm in Bretter geschnitten und auf einen grossen Wagen geschichtet. Ist der Stapel voll, bringt ihn Julien Deslarzes, der dritte Mitinhaber, in den Trocknungsraum. Bei rund 70 Grad verdampft überschüssige Feuchtigkeit. Über allem liegt der staubig-würzige Duft von Holzspänen. Und sogar die sind noch wertvoll. «Um die Wärme im Trocknungsraum herzustellen, braucht es viel Energie. Doch die stellen wir selbst mit unseren Holzabfällen her», sagt Julien Deslarzes. «So senken wir die CO2-Bilanz der Bretter.»

Es sind nicht Bretter, die die Welt bedeuten. Aber wer einst von ihnen umgeben wohnt, für ihn werden sie eine eigene Welt sein. Eine sorgfältig geschichtete, duftende Welt.

aupresdemonarbre.ch

Text: Alexandra Rozkosny

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im Januar 2022

Die Unterstützung

Die junge Firma hätte ohne den Kauf der beiden CNC-Maschinen gar nicht starten können. Doch die Spezialgeräte, die in der Schweiz entwickelt werden, kosten viel und benötigten auch eine eigene, speziell lange Halle. Mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe schaffte die Firma den Start. Möchten auch Sie unterstützen?
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