«Was möglich ist, machen wir selbst»

Vater und Sohn Zwahlen bauen gemeinsam einen neuen Stall.

Um Kosten zu sparen, packen sie meistens selbst an: Zusammen mit Sohn Oliver baut Bergbauer Markus Zwahlen seinen neuen Stall grösstenteils selber. Nötig wurde der Bau durch neue Tierschutzvorschriften.

Über mangelnde Aussicht kann sich Bergbauer Markus Zwahlen nicht beklagen. Sein Hof liegt an einem wunderschönen Flecken Schweiz, auf 1400 Metern Höhe im Berner Naturpark Gurnigel-Gantrisch. Mangelnde Arbeit ist allerdings auch kein Thema. Besonders jetzt, wo der Hof wieder mal eine Baustelle ist. Ein neues Gebäude zu bauen, bedeutet für Markus Zwahlen nicht einfach, den Arbeitern auf die Finger zu schauen. Er packt selbst an. Im Moment rückt er mit dem Hochdruckreiniger den hartnäckigen Betonresten an den Schalungs-Elementen zu Leibe und hüllt dabei den ganzen Vorplatz in eine feine Nebelwolke. Währenddessen sorgt Sohn Oliver dafür, dass dem Vater die Arbeit nicht ausgeht. Er löst die schweren Schaltafeln von der frisch getrockneten Betonwand und schleppt sie aus dem Rohbau. Eine strenge Arbeit Schweisstropfen fallen von der Stirn auf das orangefarbene T-Shirt mit dem Aufdruck «Eidgenössisches Schwingfest Frauenfeld».

Möglich nur durch Eigenleistung

«Was irgendwie möglich ist, machen wir selbst», sagt Zwahlen. Und möglich ist viel. Markus hat ursprünglich Elektromechaniker gelernt, Oliver ist ausgebildeter Zimmermann. Nur einen Bauarbeiter mussten sie anstellen, und dessen Aufgabe ist schon fast beendet. Die Zimmermannsarbeiten wird Oliver dann alle alleine ausführen. «Erst bei der Aufrichte brauche ich ein paar Hände, die mit anpacken», sagt er. Nur durch die viele Eigenleistung ist der Neubau des Stalls überhaupt in den Bereich des Möglichen gerückt. Ganz ausgereicht haben aber die Ersparnisse und die Hypothek trotzdem nicht. «Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung der Berghilfe», sagt Zwahlen. «So kann ich alles aufs Mal machen. Dadurch kommt das Gesamtprojekt deutlich günstiger.» Dringend nötig wurde der Neubau durch die Verschärfung von Tierschutzvorschriften. Bereits seit einem Jahr müsste Zwahlen seinem Muni im Stall mehr Platz geben. Nur dank einer Ausnahmebewilligung darf er den alten Stall noch benutzen, bis der neue fertig ist. Dort findet dann nicht nur der Muni Platz, sondern auch drei Pferde und zusätzliche Mutterkühe. Ebenfalls im neuen Gebäude untergebracht wird eine Holzschnitzelheizung für die Wohnung im Bauernhaus und für das Stöckli, in dem Sohn Oliver wohnt. «Auf die neue Heizung freue ich mich besonders», so Zwahlen. «Endlich kein steifer Rücken mehr wegen der Kälte.» Bis jetzt gab es in beiden Häusern Holzöfen, die im Winter laufend gefüttert werden mussten. «Wenn man am Abend mal an ein Fest ging, dann war die Wohnung eiskalt, bis man wieder zu Hause war. Da blieb ich dann meist lieber daheim, obwohl ich eigentlich Lust gehabt hätte, irgendwohin zu gehen.»

Immer wieder neue Ideen

Fleischproduzent Zwahlen hat seinen Hof von dem Moment an, als er ihn von seinem Grossvater übernahm, laufend vergrössert und modernisiert. Angefangen hat er mit der Mutterkuhhaltung. Vor neuen Ideen und der Arbeit mit ihm unbekannten Tierarten schreckte er nie zurück. Seit einigen Jahren zieht Zwahlen jährlich etwa 150 Truten auf. Er verarbeitet sie auf dem Hof im eigenen Fleischverarbeitungsraum und verkauft sie direkt an Kunden in der ganzen Schweiz. Dieser neue Geschäftszweig begann nicht ohne Schwierigkeiten. Anfangs hat Zwahlen seinen Kunden die Tiere am Stück vorbeigebracht. «Eine Frau hat mir dann erzählt, sie hätte eine ganze Stunde lang vor dem Vogel gesessen und nicht gewusst, was sie damit anfangen solle», erinnert er sich. Aus dieser Erfahrung hat er gelernt. Heute bekommen seine Kunden ihre Truten abgepackt in praktischen Portionen. Zwahlens neustes Experiment sind Zebus. Diese ursprünglich afrikanischen Rinder mit dem charakteristischen Höcker auf dem Hals sind zäh, genügsam und geben gutes Fleisch. Damit gibt sich Zwahlen jedoch nicht zufrieden. Er kreuzt sie mit Simmentaler Kühen, um den Fleischertrag zu erhöhen. Inzwischen sind die Schaltafeln alle abmontiert, der Rohbau des neuen Stalls schon wieder einen Schritt weiter. «Beim ersten Schnee möchte ich das Dach drauf haben», sagt Zwahlen. Für den Rest der Arbeiten könne er sich den Winter über Zeit lassen. Wenn dieses Bauprojekt abgeschlossen sei, habe er seinen Hof in einem guten Zustand, um ihn seinem Sohn zu übergeben, findet Markus Zwahlen. Der 22-jährige Oliver hat nach seiner Zimmermannslehre ein Bauernlehrjahr im Welschland absolviert und arbeitet nun auf dem Hof des Vaters: «Für mich war schon immer klar, dass ich einmal hier auf unserem Hof Bauer werden möchte.»

Erschienen im November 2011

Das Projekt in Kürze

  • Sangernboden/BE

Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.