Zoo anders
Der Bauernhof von Tobias Koster ist ein Paradies für Kinder und diverse Tiere.
Der Bauernhof von Tobias Koster ist ein Paradies für Kinder und diverse Tiere.
Schon als Kind wollte Tobias Koster immer so viele Tiere wie möglich haben. Kürzlich hat er den Hof des Vaters übernommen und daraus so etwas wie einen kleinen Zoo gemacht.
Auf den ersten Blick entspricht Tobias Koster dem, was man sich unter einem typischen Bergbauern vorstellt: Schwere Bergschuhe, Arbeitshosen, graue, alte Softshelljacke. Dazu breite Schultern und schwielige Hände, denen man die strenge Arbeit ansieht. Wenn Tobias jedoch die Jacke auszieht, kommen auffällige Tätowierungen zum Vorschein. Das freundliche Gesicht mit dem verschmitzten Lächeln wird von einem Piercing geschmückt, und darüber thront ein grün gefärbter Irokesenschnitt. «Manche Leute schauen zweimal. Aber nur, weil ich Bauer bin und in den Bergen lebe, muss man mir das ja nicht von weitem ansehen», sagt Tobias. Sein Kopf sieht nicht nur unkonventionell aus, er steckt auch voller unkonventioneller Ideen. Zum Beispiel hat er aus dem elterlichen Hof innerhalb weniger Jahre eine Streichelfarm gemacht, die an schönen Tagen massenhaft Besucher anzieht.
Bereits als Kind wollte Tobias immer Bauer werden und möglichst viele verschiedene Tiere halten. Also absolvierte er eine Bauernlehre. Nach der Ausbildung konnte er sich jedoch nicht vorstellen, den elterlichen Milchwirtschaftsbetrieb in Gais zu übernehmen. «Das Melken war nie mein Ding», sagt er. «Und mir gefiel nicht, wie die Kühe den ganzen Tag angebunden im Stall standen.»
Tobias nahm eine Stelle auf dem Bau an und lebte in einer Wohnung im Dorf. Ohne seine geliebten Tiere konnte er aber auch dort nicht sein. Ein Zimmer wurde komplett von seiner Wellensittichzucht eingenommen. Doch auf Dauer reichte das nicht. Als sein Vater ihn um Unterstützung bat, weil ihm der Hof zu arbeitsintensiv wurde, zögerte Tobias nicht und kam als Angestellter auf den Hof der Eltern zurück. So richtig gefiel es ihm aber immer noch nicht. Das änderte sich, als seine Mutter schwer krank wurde. Da entschloss sich sein Vater, den Betrieb umzustellen, um mehr Zeit für sie zu haben. Er baute den Anbindestall zum Laufstall aus und stellte vom Melken auf Mutterkuhhaltung um. «Und plötzlich merkte ich, dass mir die Arbeit auf unserem neu ausgerichteten Hof nun richtig viel Spass machte», so Tobias
Nach dem Tod der Mutter tauschten Tobias und sein Vater die Rollen. Jetzt war Tobias der Betriebsleiter und der Vater sein Angestellter. Tobias zog mit seiner langjährigen Freundin Anita Senn ins Bauernhaus auf dem Betrieb. Und sofort begannen die beiden, einiges umzukrempeln. Sie zäunten die grosse Wiese direkt vor dem Haus ein, quartierten dort Zwerggeissen, Mini-Schweine, Zwerghasen ein, bauten einen Spielplatz, öffneten alles für die Bevölkerung und nannten es Streichelfarm. «Nun hatte ich doch noch meinen kleinen Zoo», lacht Tobias.
Die Streichelfarm war von Anfang an ein voller Erfolg. An schönen Wochenenden kamen Familien aus der näheren Umgebung, aber auch aus dem Rheintal oder aus dem Thurgau. Sie hatten Freude an den Tieren, picknickten und brätelten an der Feuerstelle. Und sie kauften. Popcorn zum Verfüttern, Getränke, Fleisch von Tobias’ Rindern. Der Hofladen lief bestens.
«Was wir nur aus Freude an den Tieren und den Besuchern aufgebaut hatten, wurde plötzlich zum Betriebszweig», sagt Tobias. Was für ihn jedoch noch unerwarteter kam: Die Leute bedankten sich bei ihm für seine Arbeit und die schöne Zeit, die sie dort mit ihren Familien erleben durften. «Das hat mich richtig berührt.» Also wollte er seinen Besuchern noch mehr bieten. Zu den Geissen und Schweinen gesellten sich bald dutzende bunte Vögel in einer riesigen Voliere sowie Laufenten und Pfauen, die sich frei auf dem ganzen Betrieb bewegen können. Später kamen in einem Gehege Degus dazu, Nagetiere aus Südamerika.
Doch etwas fehlte: ein Unterstand für die Gäste bei schlechtem Wetter. Oft hatten Tobias und Anita Anfragen für Events auf ihrem Hof, wegen der fehlenden Ausweichmöglichkeit bei schlechtem Wetter wurde dann jedoch nichts daraus. Sie dachten darüber nach, eine Gastrohütte zu bauen. Sie kratzten ihre Ersparnisse zusammen. Doch weil das meiste bereits für den Zaun, die Tiergehege und eine WC-Anlage draufgegangen war, reichte es nicht mehr. «Wir hatten uns schon fast damit abgefunden, noch einige Jahre sparen zu müssen, bevor wir bauen können», so Tobias. «Aber ich wollte einfach noch nicht aufgeben und habe bei der Schweizer Berghilfe ein Gesuch gestellt. Und es wurde tatsächlich bewilligt», so Tobias. Jetzt steht die Hütte, und die Gäste fühlen sich auch bei Regenwetter wohl auf der Streichelfarm. Dass es auch den Stammgästen nie langweilig wird, dafür sorgt nur schon der Tatendrang von Tobias und Anita. Ihr Ziel: Jedes Jahr eine neue Tierart aufnehmen und artgerecht halten. Und welche Tierart wäre die Krönung des kleinen Zoos? Tobias: «Ganz klar: Bisons. Das wäre mein absoluter Traum.»