Er sammelt Autogeschichten
Alex Kehrli hat ein relativ unhandliches Hobby: Er sammelt alte VWs. An vielen verschiedenen Orten lagert unterdessen ein beachtliches Stück Autogeschichte bei ihm ein.
Alex Kehrli hat ein relativ unhandliches Hobby: Er sammelt alte VWs. An vielen verschiedenen Orten lagert unterdessen ein beachtliches Stück Autogeschichte bei ihm ein.
«Es ist schon viel…», sagt Alex Kehrli und schlägt eine Plastikplane zurück. Unter einem Turm von Stossstangen, Dachträgern und Kisten kommt ein alter VW zum Vorschein. Er zuckt mit den Schultern: «Ich habe halt immer gesammelt. Das gehört irgendwie dazu.» Als kleinen Jungen nannten sie ihn «Truckli-Alex», weil er kostbare Dinge in Schachteln aufbewahrte. Und schöne Gegenstände gibt es viele in Alex Kehrlis Leben – er sammelt in erster Linie Autos, aber nicht nur. In seinen Lagerräumen finden sich Schränke voller Zubehör, alte Aschenbecher, Rückspiegel, Werbeschilder, Schrauben, Leisten und Lampen, hinzu kommen Schilder, Büchsen, «Truckli» eben, Bücher und alte Landmaschinen. «Das Sammeln ist eine Last», seufzt er und lacht im gleichen Augenblick über sich selber. Denn er hat schon lange aufgegeben, sich gegen den Impuls anzustemmen. Vieles kriegt er auch geschenkt, weil die Leute denken, beim Alex seien die Sachen gut aufgehoben. Tatsächlich – denn in jedem Objekt steckt eine Geschichte, und die sind Kehrli viel zu lieb, als dass er sie auf den Schrotthaufen werfen würde. Die Sammlung wird deshalb laufend grösser. Längst ist sie von seinem Wohnhaus in Gadmen in den ehemaligen Ziegenstall übergeschwappt, auf den Vorplatz, weiter zur Remise gegenüber und zu den kleinen Scheunen auf der grünen Wiese, talabwärts zu Einstellplätzen bei Kollegen.
Als Besucher in diesem wohl am wenigsten organisierten «Museum» der Welt verliert man schnell den Überblick. Irgendwo steht ein Kübelwagen, dort ein Bully T1, da der Käfer des Kaminfegers, an einem anderen Ort duckt sich ein VW Variant unter ein Tuch – das Auto eines ehemaligen KWO-Direktors – und draussen vor der Tür glänzt ein stylischer VW Karmann aus dem Jahr 1969. Zu Kehrlis liebstem Auto dringt nur vor, wer über unzählige Lampen, Sitze, Auspuffe und Motoren klettert. Der «Grimsel Express» steht auf einer Galerie unter dem Dach. Der schwarz-rote VW-Bus der ersten Generation diente einst dazu, Gäste auf der Oberaar Strasse an der Grimsel hin und her zu chauffieren. Noch früher gehörte das Auto dem Bäcker von Innertkirchen. Bevor Alex Kehrli sich dem «Grimsel Express» annahm, diente der Bus als Werkzeugkasten in einem kleinen Betrieb. In der Szene der VW-Liebhaber kennt man den Sammler aus Gadmen, der im Sommer auf dem Bau arbeitet und im Winter in einem Sportgeschäft. Wenn es um Details geht, macht ihm sowieso niemand etwas vor: Kehrli weiss genau, wie originale Leisten aussehen und welche Passform der Türen für das jeweilige Modell korrekt ist. Und doch geht es bei all dem um vielmehr als um Formalitäten: In Kehrlis Händen lagert ein Stück Alltags-Geschichte, die sich in Autos manifestiert.