Lokale Produkte ziehen bei der Kundschaft

Im Lötschental schickt der Doktor die Leute bei Husten nicht in die Apotheke, um ein Medikament zu holen, sondern zu «Brosi». Ambros Henzen ist Wirt des Restaurants «Lonza» in Wiler. Nebenbei hat er die Produktelinie «Natürlich Lötschental» aufgebaut. Sein Bestseller: ein Sirup aus Tannen und Lärchen, der bei Husten wahre Wunder wirkt. Bei den Gästen des Hotel «Fafleralp» ist dieser als Mitbringsel beliebt.

Direkt neben der Reception im Hotel «Fafleralp» hängt ein hölzernes Kästchen mit Glastüren. Was darin geschmackvoll dekoriert ausgestellt ist, verleitet manche Besucherin zu einem Spontankauf: Seifen, Murmeltierbalsam, Kräuterteigwaren, handgemachte Energieriegel, Kräutersalz. Gemein haben diese Produkte, dass sie alle aus dem Lötschental stammen. Sie tragen das Label «Natürlich Lötschental», und sie werden fast alle von Ambros «Brosi» Henzen hergestellt.

«Zum Brosi statt zur Apotheke»

Brosi ist Wirt im Restaurant «Lonza» in Wiler, acht Kilometer talabwärts. Seine Produkte verkauft er an verschiedenen Orten im Tal direkt, so auch im Hotel «Fafleralp». Heute Morgen streift er mit einer Einkaufstasche bewaffnet durch die nebelverhangenen Wälder rund um Wiler. Er ist auf der Suche nach besonders frischen Schösslingen und Zapfen von Tannen und Lärchen. Er zwickt hier einen Ast ab, nimmt dort ein paar besonders rot leuchtende Zapfen, und langsam füllt sich die Tasche. Aus seiner heutigen «Beute» entsteht später sein berühmter Hustensirup. Oder einfach Sirup, wie er ihn heute nennen muss, um keinen Ärger mit den für Heilmittel zuständigen Behörden zu bekommen. «Das ist aber nicht so schlimm. Die Leute hier wissen, wozu mein Sirup gut ist.»

Ein Arzt im Tal schickt seine Patienten inzwischen bei hartnäckigem Husten nicht mehr in die Apotheke, sondern zu Brosi. «Wenn es im Hals zu kratzen anfängt, drei, vier Mal pro Tag einen Löffel, und bald hat man wieder Ruhe.» Das einfache, alte Heilmittel funktioniere, aber es bewirke natürlich auch keine Wunder. «Wenn der Husten auch nach Wochen nicht nachlässt, braucht es vielleicht auch mal etwas Stärkeres. Bevor daraus eine Lungenentzündung wird», meint er. Aber das sei ja eigentlich logisch und nur gesunder Menschenverstand.

Der Sud muss 24 Stunden ziehen

Inzwischen ist Brosi zurück in seiner Restaurantküche. Er gibt die Schösslinge und Zapfen in einen grossen Topf, füllt Wasser hinzu und lässt alles aufkochen. Jetzt heisst es warten, damit der Sud ziehen kann. Erst am nächsten Morgen geht es weiter. Das Wasser hat über Nacht eine trübe, grünliche Farbe angenommen und es riecht schwach nach Wald. Brosi filtert den Sud durch ein Tuch und lässt ihn wieder aufkochen. Es kommen geschnittene Zitronen und Rohrzucker dazu, der Topf bleibt auf der Flamme. Unter ständigem Rühren verändern sich Farbe und Konsistenz. Der Sud wird immer dickflüssiger und dunkler. Auch der Geruch, der aus dem Topf aufsteigt, wird immer intensiver.

Bereit für den Winter

«So, jetzt reicht es», meint Brosi und nimmt den Topf vom Herd. Im «Sääli» des Restaurants hat er eine kleine Abfüllstation eingerichtet. Während sein Küchengehilfe Patrik Nemcak den Sirup in kleine, braune Glasfläschchen füllt, verschliesst Brosi diese, klebt ein Etikett drauf und versieht es mit dem heutigen Datum. Fertig. Auch wenn draussen inzwischen einer der ersten Sommertage mit T-Shirt-Temperaturen protzt – Brosi ist bereit für den Winter.

Text und Video: Max Hugelshofer
Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im März 2025

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