Brücke zwischen zwei Welten

Familie Collombin hat im mondänen Verbier ein Agrotourismus-Angebot geschaffen. Für alle, die es lieber einfach und authentisch haben.

Ins kleine Dorf Verbier im Unterwallis kommen Gäste aus aller Welt. Sie wollen Action und Abenteuer, suchen aber auch das Ursprüngliche, Urchige. Bei Familie Collombin können sie einen Einblick ins Leben der Bergbauern erhalten und lokale Spezialitäten probieren.

Es sind zwei Welten. Oben, bei den Zugängen ins Skigebiet, ist Verbier ein modernes, internationales Bergresort mit Sportgeschäften, Boutiquen, Bars und Nachtleben. Etwas weiter unten, in Verbier Village, laufen die Uhren etwas langsamer. Hier gibt es die Kirche, die Molkerei, einen Dorfladen, ein einziges Restaurant und mehrere Bauernhöfe. Einer davon gehört Familie Collombin. Blaise und Viviane betreiben mit Unterstützung von Sohn Denis Milchwirtschaft, halten die traditionellen, schwarzen Eringerkühe.

Doch ganz getrennt sind die zwei Welten nicht. Auch bei Collombins spielt der Tourismus eine wichtige Rolle. Mehr als zehn Jahre lang hatten Blaise und Viviane ein Restaurant gepachtet. Dort bewirteten sie ihre Gäste mit lokalen Spezialitäten, und wenn immer möglich verwendeten sie in der Küche eigene Produkte. Dort fiel ihnen das erste Mal auf, wie interessiert die auswärtigen Gäste an der Landwirtschaft sind. «Einmal hatte ich als Dekoration etwas mit Stroh gemacht, und eine Frau wollte mir unbedingt das Stroh abkaufen, weil sie so etwas noch nie in echt gesehen hatte», erinnert sich Viviane. Einem Mädchen aus Paris verhalf sie sogar zu seiner ersten Begegnung mit einer Kuh.

Das Projekt in Kürze

  • Bergbauernfamilie
  • Bau von Agrotourismus-Restaurant
  • Verbier/VS

Wegen all dieser Erlebnisse haben Blaise und Viviane beschlossen: Wir wollen etwas im Bereich Agrotourismus machen. Die Jahre verstrichen, aber die perfekte Gelegenheit liess auf sich warten. Bis ein Bekannter seinen Hof aufgab und ein Stall zum Verkauf stand. Ein Stall mit wunderbarer Aussicht. Ein Stall, der perfekt dazu geeignet war, Landwirtschaft und Gastronomie zusammenzubringen. Collombins zögerten nicht lange und griffen zu.

Jetzt sind in der einen Hälfte des Gebäudes Kälber untergebracht. Die andere Hälfte ist eine Baustelle. Hier entstehen eine Küche und ein Gästeraum. Blaise macht als gelernter Zimmermann vieles selber, dennoch kommt der Umbau teuer. «Wir sind sehr froh, dass uns die Schweizer Berghilfe unterstützt. Alleine hätten wir es nicht geschafft», sagt Blaise. Doch so können Collombins schon bald die ersten Gäste bewirten. Noch mehr als früher im Restaurant wollen sie eigene Produkte verwenden. Ausserdem werden sie im Eingangsbereich einen Hofladen einrichten und auch Spezialitäten von anderen Bauern verkaufen. Dass genügend Nachfrage vorhanden ist, davon sind Blaise und Viviane überzeugt. Und nicht nur sie. «Beim Tourismusbüro waren sie begeistert», sagt Viviane. «Wir haben mit unserer Idee offene Türen eingerannt.» Und die beiden Welten von Verbier noch ein bisschen näher zusammengebracht.

Text: Max Hugelshofer

Bilder: Yannick Andrea

Erschienen im Juni 2017
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.