Das Risiko hat sich ausbezahlt

Armelle Morier hat aus einem Schweinestall ein Gästehaus gemacht. Mit Erfolg.

Vor sieben Jahren hat Armelle Morier Nägel mit Köpfen gemacht. Aus dem Schweinestall, der kaum Ertrag abwarf, wurde ein Gästehaus. Heute beherbergen Armelle und ihre Familie in ihren Chambres d’Hotes pro Jahr über 1000 Gäste.

«Es war ein Risiko, aber es hat sich ausbezahlt», sagt Armelle Morier rückblickend. Es war vor sieben Jahren, als die Bergbauern Jean-Jacques und Armelle Morier einsehen mussten, dass ihr Milchwirtschaftsbetrieb einfach nicht genügend Ertrag abwarf, um die fünfköpfige Familie ernähren zu können. Die Expansion in die Schweinemast hatte nicht die erhoffte Verbesserung gebracht. Dafür so viel Gestank und Arbeit, dass Moriers mit ihrer Energie an den Anschlag kamen. Neue Ideen waren gefragt. «Wieso nicht selbst zur Gastgeberin werden?» fragte sich die ausgebildete Hotelfachfrau Armelle, die sich seit Jahren in verschiedenen Hotels und Restaurants in Château-d’Oex einen Nebenerwerb verdiente.

Moriers wagten also die Flucht nach vorne und verwandelten den Schweinestall auf ihrem Hof «Le Berceau» in ein Gästehaus mit fünf Zimmern und einem grossen Speise- und Aufenthaltsraum. Die ersten Gäste waren begeistert von den gemütlichen Zimmern, von Armelles Kochkünsten und von der Lage auf dem Bauernhof. Viele von ihnen kamen wieder, blieben das zweite Mal länger und erzählten ihren Bekannten davon. Heute sind die «Chambres d’Hotes du Berceau» beliebt bei Gästen aus der ganzen Westschweiz, aber auch aus Frankreich, Belgien und Kanada. «Inzwischen haben wir jeweils über 1000 Übernachtungen pro Jahr», sagt Armelle. Dies reicht aus, um die Zukunft des Familienbetriebs zu sichern. «Le petit business de Madame» bringe inzwischen mehr als die Hälfte des gesamten Familieneinkommens ein, sagt Armelle verschmitzt.

Es läuft so gut, dass Armelle sogar eine Frau aus dem Dorf einstellen konnte, die ihr zur Hand geht, wenn viele Gäste da sind. Den grössten Teil der Arbeit erledigt die Bergbäuerin aber nach wie vor selbst. Unterstützung erhält sie von der ganzen Familie. «Wenn nicht alle anpacken würden, ginge es nicht», sagt sie. Doch die viele Arbeit nehmen Armelle und Jean-Jaques gerne in Kauf, wenn sie dafür ihrem Sohn Mathieu in ein paar Jahren einen gutgehenden Betrieb übergeben können. Sie stört sich auch nicht daran, dass immer Fremde auf dem Hof sind und es wenig Privatsphäre gibt. «Natürlich kann das anstrengend sein, aber es gibt dafürimmer wieder spannende Begegnungen, die ich nicht missen möchte.»

Dass sich Moriers mutiger Entscheid, auf den sanften Tourismus zu setzen und ihr gesamtes Erspartes in den Umbau des Schweinestalls zu investieren, auszahlen würde, war anfangs alles andere als gewiss. «Umso wichtiger war für uns, dass die Schweizer Berghilfe an uns glaubte und die Finanzierungslücke schloss», sagt Armelle. «Auch wenn das Vorhaben keinesfalls risikolos war.»

chambresdhotesduberceau.ch

Text und Bilder: Isabel Plana

Erschienen im August 2014

Das Projekt in Kürze

  • Bergbauernfamilie
  • Umbau eines Stalls in ein Gästehaus
  • Château-d’Oex/VD
Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.