Doppelzimmer mit Körbchen

Viele Hotels erlauben keine Hunde. Im Hotel Gravas hingegen sind Hundehalter und ihre Schützlinge willkommen.

Am Hang oberhalb des Dorfes mit Ausblick auf das Val Lumnezia steht es, das Hotel Gravas. Trotz seiner tollen Lage steckte das über 30-jährige Hotel in der Krise. Die Rettung kam auf vier Pfoten.

Ein Besuch im Hotel Gravas weckt Kindheitserinnerungen. Zumindest bei einem Kind der 90er-Jahre. So war das damals, wenn man mit den Eltern in den Sportferien eine Woche lang im Hotel wohnte: Holzdecke, Spannteppich und viel Gemütlichkeit. Ein bisschen wie zu Hause, aber natürlich grösser und aufregender. «Ja, das waren die goldenen Zeiten», sagt Beatrice Di Blasi. «Meine Eltern hatten das Hotel 1984 erbaut, und die ersten zehn Jahre lief es prächtig. Vor allem junge Familien mit Kindern kamen, eigentlich immer für eine ganze Woche.» Doch dann begann sich das Ferienverhalten von Herr und Frau Schweizer zu verändern. Immer mehr Ferienangebote lockten im In- wie im Ausland. «Heute bleiben die meisten Gäste nur ein, zwei Nächte und ziehen dann weiter», weiss Di Blasi. 2010, als sich ihre Eltern pensionieren liessen, übernahm sie das Hotel mit den 15 Zimmern – und trat ein schwieriges Erbe an. Denn die Übernachtungszahlen waren rückläufig. «Irgendwann sind wir kaum mehr über die Runden gekommen», erzählt Di Blasi, die das Hotel zusammen mit ihrem Mann und dem älteren ihrer beiden Söhne betreibt. «Ich war je länger je mehr verzweifelt, weil die Gäste wegblieben und ich nicht verstand, warum. Unser Angebot konnte sich ja durchaus sehen lassen, mit der reichhaltigen Speisekarte und dem Wellness-Bereich mit Sauna und Whirlpool.»

Das Projekt in Kürze

  • Hotel Gravas
  • Zimmerrenovation
  • Vella/GR

Hündeler haben es nicht leicht

Di Blasi musste sich etwas einfallen las sen. «In unserem Hotel sind Hunde schon lange erlaubt. Als eine Hundeschule vor fünf Jahren anfragte, ob sie für ein Trainingslager das ganze Hotel für eine Woche buchen könnten, merkte ich, dass die Hündeler vielleicht ein interessantes Kundensegment für uns sein könnten.» In der Tat haben es Hundehalter nicht leicht, Ferienunterkünfte zu finden, wo Vierbeiner erlaubt sind. Für eine ganze Gruppe mit Hunden sei es fast unmöglich, sagt Hundeschulleiter Harry Meister. «Früher haben wir die Hundewochen im Schwarzwald gemacht, weil wir in der Schweiz lange kein passendes Hotelangebot finden konnten. Wir haben Dutzende Hotels angefragt, bis wir auf das Gravas gestossen sind.»Auch wenn Meister mit seiner Hundeschule mittlerweile Stammgast im Hotel Gravas ist, musste Beatrice Di Blasi feststellen, dass es mit der Hundeerlaubnis alleine auf die Dauer nicht getan ist. Um das Hotel gezielt für Hundehalter und Hundeschulen attraktiv zu machen, war eine Aufwertung nötig: pflegeleichte Laminatböden statt Spannteppich in Gang und Zimmern; eine Hundedusche neben dem Skiraum, um nach dem Spaziergang Schlamm und Dreck abzuwaschen und eine eingezäunte Wiese, wo die Hunde frei laufen und herumtollen können, ohne dass sich die Nachbarn und andere Gäste gestört fühlen. Doch für diese Investitionen reichten die Mittel des kleinen Familienbetriebs nicht. Deswegen wandte sich Beatrice Di Blasi an die Schweizer Berghilfe. «Der Experte von der Berghilfe, der unser Projekt prüfte, machte mir klar, dass es zu den geplanten Infrastrukturverbesserungen auch einen ordentlichen Businessplan und ein besseres Marketingkonzept braucht, wenn unser Hotel eine Zukunft haben soll.»

C​oaching macht den Unterschied

Der Experte erzählte Di Blasi von der Zusammenarbeit der Berghilfe mit dem Netzwerk Adlatus und schlug ihr vor, die Beratung eines Adlatus-Coachs in Anspruch zu nehmen. Ein Jahr lang begleitete sie der Coach Charles Müller, half ihr, den Businessplan zu überarbeiten und die Marketingmassnahmen gezielt auf das Angebot «Ferien mit Hund» auszurichten. «Ich bin mit Leib und Seele Köchin, die Vermarktung liegt mir hingegen nicht sehr. Ich verstand auch nicht viel davon. Ich hatte immer mal da und dort Inserate geschaltet, aber ohne zu überlegen, ob ich damit auch tatsächlich meine Zielgruppe erreiche und sich die Kosten dafür lohnen», erzählt die Hotelbetreiberin. «Durch das Coaching habe ich sehr viel gelernt. Es hat uns mindestens so viel gebracht, wie der finanzielle Beitrag der Berghilfe an die Hundeinfrastruktur.»

Seit einem Jahr geht es im Hotel Gravas nun endlich wieder aufwärts. Neben Harry Meister haben vier weitere Hundeschulleiter für ihre Trainingswochen reserviert. «Der eingezäunte Hundetrainingsplatz ist ein echter Gewinn», findet Meister. Dass das Gravas nicht top modern ist, spiele ihm keine Rolle. «Für uns zählt das Angebot.» Und das dürfte für die Hündeler bald noch attraktiver werden. Denn Beatrice Di Blasi hat zwei weitere Projekte angestossen: Ein Hundebadeteich beim nahegelegenen Badesee Davos Munts ist schon fast realisiert und eine Hundelanglaufloipe im Gespräch. Ein Besuch im Hotel Gravas weckt nicht nur Kindheitserinnerungen, sondern auch Hundeglücksgefühle.

hotelgravas.ch

Text und Bilder: Isabel Plana

Erschienen im September 2018

«Bescheidenes Werbebudget effizient einsetzen»

Charles Müller von Adlatus hat Beatrice Di Blasi bei der Neuausrichtung ihre Hotels beraten. Im Interview erzählt er, wie er das gemacht hat.
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Die Schweizer Berghilfe leistet finanzielle Unterstützung, wenn das Geld nicht ausreicht, um ein zukunftsweisendes Projekt zu realisieren.