Im Bergell hinunter bis zur Landesgrenze
Es geht nicht anders: Auf dieser zweitägigen Wanderung von Casaccia bis Castasegna gibt es so viel zu sehen, dass sie glatt doppelt so lang dauert wie angegeben.
Es geht nicht anders: Auf dieser zweitägigen Wanderung von Casaccia bis Castasegna gibt es so viel zu sehen, dass sie glatt doppelt so lang dauert wie angegeben.
Wir kommen einfach nicht vorwärts. Es gibt so viel zu fotografieren: Schmetterlinge, Blumen, Pilze in allen Variationen und die Aussicht auf die wilden Bergeller Gipfel. Gestartet sind wir kurz vor 12 Uhr in Casaccia. Nach 15 Minuten gelangten wir beim Stauwerk Löbbia an einen kleinen See mit lauschigen Sandufern. Doch hier schon Pause machen? Nein. Wir ziehen weiter auf dem «Sentiero Panoramico», der ab Roticcio leicht an Höhe gewinnt. Mal ging es auf breiten Forststrassen vorwärts, mal durch ehemalige Bergsturzgebiete über Stock und Stein. Doch dann wird das zügige Marschieren schwierig: Immer wieder locken Bänke oder Steinplatten mit Aussicht auf das schroffe Bergeller Bergmassiv zum Innehalten.
Darum ist es schon nach 15 Uhr, als wir zu der Stelle mit dem Wegweiser «Brügnet, 1350 m» kommen. Hier befindet sich der einzige Punkt der Wanderung, an dem man sich verlaufen könnte (siehe Infos!). Nach 300 Höhenmetern steilen Abstiegs erreichen wir den Fluss Maira bei einer alten Brücke mit zwei Bögen, die nach Borgnovo führen würde. Es lohnt sich aber, auf der rechten Flussseite zu bleiben. So gelangt man mit der nächsten Brücke direkt nach Stampa. Im «Bed and Breakfast Pontisella» angekommen, beschnuppern wir unser einfaches, aber wunderschönes Zimmer und setzen uns dann mit einem wohlverdienten Bier in den Garten hinter dem Haus. Für den Znacht braucht es eine kleine Expedition nach Vicosoprano. Die einzige Beiz in Stampa hat am Abend geschlossen.
Am nächsten Tag verzögert das phänomenale Zmorgenbuffet mit selbstgebackenem Brot, verschiedenen Confis, Käse, Fleisch, Flöckli und Eiern von den eigenen Hühnern den frühen Aufbruch. Es wird 9.15 Uhr, bis wir wieder losmarschieren. Der Gastgeber vom Pontisella empfiehlt uns, nicht wie geplant den direkten Weg rauf zum «Sentiero Panoramico» zu nehmen, sondern erst zum Palazzo Castelmur zu flanieren und dann über den «Steinplattenweg» nach Soglio aufzusteigen. Eine bestechende Variante, wie sich herausstellen sollte. Ab Muntaccio – der Wegweiser nennt es nur Muntac – schlängelt sich der Steinplattenweg mithilfe eindrücklicher Steinverbauungen zwischen Felswänden 200 Höhenmeter steil nach oben. Wir keuchen. Auf dem Plateau angekommen, ändert die Szenerie schlagartig. Wir spazieren durch den Wald und am Schluss über sanft geschwungene Weiden ins malerische Dörfchen Soglio. Das Dorf ist zu schön, um einfach durchzumarschieren. Wir erkunden die engen Gässchen, bestaunen alte Häuser und finden uns immer wieder mitten in einer Kunstinstallation wieder. Von Soglio aus bleiben wir auf dem Panoramaweg. Durch steile Weiden und vorbei an in Mauern eingefasste Kräutergärten geht gemütlich bis Das-ciun. Etwas zittrige Knie gibt es aber doch noch: Wie am Vortag wartet am Ende ein knackiger Abstieg, hinunter ins Grenzdorf Castasegna. Natürlich sind wir wieder viel später da als geplant. Aber voller grossartiger Eindrücke.